28.07.2019 – Von Dawson City (Kanada) nach Chicken (Alaska, USA)

Gestern abend schon beginnt es zu regnen, in der Nacht regnet es weiter und auch heute morgen regnet es noch, – nicht sehr stark, aber stetig.

Gegen 10.30 verabschieden wir uns von unseren Nachbarn, unser Weg hat sich gekreuzt, sie fahren dahin, wo wir hergekommen sind, wir in die Richtung, aus der sie gekommen sind.
Doch zunächst machen wir noch eine Runde durch den Ort, – nur draussen die Hauptstraße entlang des Yukon-River ist asphaltiert, alle anderen Straßen im Ort sind geschottert, dort sieht es heute früh entsprechend „lustig“ aus, Wasserpfützen, Matsch und Schmiere, – gut, daß nach alter Tradition wenigstens die Gehsteige aus Holzstegen bestehen.
An der 8th Avenue sehen wir uns die alte Blockhütte an, in der Jack London sein Leben verbrachte, gleich daneben die von Robert Service, dem großen kanadischen Schriftsteller, drei Straßen weiter vorne dann das Dawson-Museum mit dem Lok-Schuppen, dort will ich unbedingt noch reinschauen. Im Museum befinden sich Dokumente und Bilder, Werkzeuge, Geräte und Inventar aus der Goldgräberzeit, – ein kompletter Gerichtssaal, ein Laden, die Hütte eines Goldgräbers, die Hotelreception und Vieles mehr sind hier originalgetreu nachgebaut und mit Gerätschaften ausgestattet, das vermittelt einen tiefen Einblick in die damalige Zeit.
Draußen im Lokschuppen stehen die Originale der alten Dampflokomotiven, die um diese Zeit Mensch und Gerät ins Yukongebiet transportiert haben, – echte Schmuckstücke, – auch kleine Feldbahnen, die auf den Claims eingesetzt waren, um Unmengen von Erde und Geröll hin und her zu bewegen.

Um die Mittagszeit fahren wir dann weiter.
Direkt am westlichen Ortsausgang von Dawson City endet der Klondike Highway, – mit der Fähre setzen wir über den Yukon-River und fahren weiter Richtung Alaska auf dem „Top of the World Highway“, der am anderen Ufer beginnt. Nach einigen Kilometern endet der Asphalt und es beginnt wieder eine Schotterpiste, – hoppla, das war uns nicht bewußt, – ist ja auch nicht wirklich schlimm, Schotter können wir ja nun schon, – aber am Freitag abend haben wir den HerrMAN geputzt, und heute, nach nur wenigen Kilometern auf dem schlammnassen Schotter sieht er schon wieder so aus. Und es regnet weiter, – naja vielleicht reinigt er sich ja von selber !?

Der Highway führt stetig bergauf, wir landen irgendwann auf etwa 1200 Meter Höhe, dort schlängelt er sich über fast 100 Kilometer immer über die Bergkämme, bei schönem Wetter sicher ein Erlebnis, – heute leider etwas gedämpft, – Regen, – immer wieder auch Nebelfetzen, – für wenige Minuten wirds dann wieder hell, die Sonne zeigt sich zaghaft hinter den Wolken, – aber immer nur kurz, – die Temperatur liegt bei 11 Grad.
Die Landschaft hügelig, bergig, Wälder und Tundra wechseln sich ab, immer wieder kommen wir auch über die Baumgrenze hinaus, wenn es gerade mal etwas heller ist und weniger regnet, erhaschen wir einige wirklich schöne Aussichten in weite Täler mit Bächen und kleinen Seen.

Gegen 16 Uhr dann erreichen wir den kleinen Grenzübergang von Kanada nach Alaska/USA.
Wir wissen, daß die Mitnahme von Lebensmitteln, speziell von Frischware, Obst, Gemüse, Brot, Fleisch, Fisch etc. nicht erlaubt ist und haben die letzten Tage unseren Speiseplan entsprechend danach ausgerichtet und nichts mehr nachgekauft.
Die Grenzabfertigung geht flott und freundlich, – wir werden nach drinnen gebeten, – Fingerabdrücke, Fotos, 6 USDollar Gebühr pro Nase, Stempel in den Paß und fertig, – keine Fragen, keine Kontrolle, Nichts, – freundliche Worte und das wars, – gute 10 Minuten und wir sind durch. Wenn das nur immer so ginge !

Jetzt sind wir in USA und (fast) Alles ist anders.
Hatten wir in Kanada noch Kilometer und Meter, Kilogramm und Gramm, Liter, kanadische Dollar und km/h, so gibt es hier in den USA jetzt Miles und feet, pounds und ounces, Gallonen, US-Dollar und mph, die Temperatur wird nicht mehr in Grad Celsius, sondern in Grad Fahrenheit angezeigt – umdenken ist angesagt. Ändern tut sich auch schon wieder die Zeitzone, aus der Pacifictime wird die Alaskatime, wir kriegen 1 Stunde geschenkt und sind jetzt 10 Stunden hinter der MESZ zurück.
Hinter der Grenze kommt bester, nagelneuer Asphalt, – herrlich. Doch nach 10 Meilen ist Schluß mit lustig und der „Top of the world Highway“ geht wieder als Schotterpiste weiter, die einige Meilen später in den „Taylor Highway“ mündet, und der ist der Hammer ! Übelst schlecht, unendliche Schlaglöcher, schmal, kurvig, es geht ständig bergauf und bergab und der Regen heute gibt ihm den Rest, es ist schmierig und gerade in den Gefällstrecken ist höchste Vorsicht geboten, seitlich geht es oft senkrecht abwärts, – Leitplanken Fehlanzeige. Später in „Chicken“ sehen wir einen Aufkleber „I drove the Taylor Highway and survived“, – wie treffend !

Die Fahrt geht durch das Tal des „Wade Creek“, der kleine Fluß schlängelt sich zwischen den Bergen hindurch, auch hier sind die Geröllhaufen im gesamten Tal verteilt, eindeutiges Zeichen für die Tätigkeit der Goldschürfer, bis heute sind sie auch hier noch am Werk. Viele der Glücksritter des beginnenden 20. Jahrhunderts sind den Yukon abwärts und an seinen Nebenflüßen hinauf gezogen, als die Claims rund um Dawson City alle vergeben waren, oder die Ausbeute zu gering geworden war. So kam der Goldrausch auch viele hundert Kilometer weiter bis tief nach Alaska hinein.

Auch nach „Chicken“, einer kleinen Goldgräbersiedlung, die wir gegen Abend passieren, eine riesige alte Dredge steht symbolhaft für die industrielle Förderung des Goldes, bis 1959 war sie in Betrieb, das Dörfchen hat 15 Einwohner, im Sommer 30, – 3 oder 4 Campgrounds mit Gaststätten, keinen Strom, kein Telefon, auch kein Mobilfunknetz, zweimal die Woche bringt ein Flieger die Post, im Winter ist die Zufahrt von beiden Seiten monatelang gesperrt. – Irgendwie auch idyllisch, oder ?
„Chicken“ bietet wenig bis gar nichts, hat aber aus der Not eine Tugend gemacht und kann sich bestens selbst auf den Arm nehmen.
Als vor mehr als 100 Jahren die ersten Goldgräber den paar armseligen Hütten hier einen Namen geben wollten, sollte es „Ptarmigan“ heißen, so wie das hier reichlich vorkommende Schneehuhn, als sich die Herren dann allerdings nicht auf die richtige Schreibweise von „Ptarmigan“ einigen konnten, waren sie der Meinung daß die Viecher ja Hühner sind und Huhn, also „Chicken“ als Name völlig ausreichend sei. Seitdem heißt der Ort hier „Chicken“.
Und seine Bewohner haben einen wahren Hype daraus gemacht, – im Ort stehen überall überdimensional große Chicken-Figuren, – alles ist irgendwie Chicken, der Chicken-Saloon, das Chicken-Cafe, natürlich gibts im Chicken-Restaurant jede Menge Chicken und der Chicken-Souvenirshop bietet auf großer Verkaufsfläche alles rund ums Chicken, T-Shirts, Pullis, Aufkleber, Käppis, Schlüsselanhänger, etc. und draußen, zwischen den Geschäften leben tatsächlich einige echte Chicken im Gehege, – na hoffentlich landen die zum Saisonende nicht im Chicken-Restaurant.

Direkt neben dem Chicken-Restaurant gibt es einen freien Campground (heißt der nicht Chicken-Camp ??), kein besonders „aufregender“ Platz, aber schön ruhig und sauber, für eine Nacht absolut ausreichend. ( N 64° 04′ 16.6″ W 141° 56′ 31.9″ )

Tagesetappe:     176 km          Gesamtstrecke:     12.494 km

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