In der Nacht kommt Wind auf, ziemlich frischer Wind, – die Temperatur kommt heute am Tag nicht mehr über die 19 Grad raus, trotz strahlend blauem Himmel.
Als wir uns gegen 11 Uhr auf den Weg machen, ziehen Staubwolken draußen vor der Stadt durch die Wüste, der HerrMAN wackelt heftig beim Fahren.
Direkt in der Stadt beginnt die legendäre „Route 66“, die erste durchgehende Straßenverbindung von Ost nach West, 1926 fertiggestellt und fast 4.000 km lang, ein Mythos, – unbegrenzte Freiheit in einem schier unendlich erscheinenden Land. Allerdings war sie schon nach 25 Jahren dem Verkehr nicht mehr gewachsen und wurde Stück für Stück durch mehrspurige Highways und Interstates ersetzt, nur noch kleine Reststücke sind übriggeblieben, die den Flair der alten Zeit noch versprühen.
Eines davon führt von „Kingman“ ostwärts, parallel zum neuen Interstate 40 über mehr als 150 Kilometer durchs Land, bis hinüber nach „Seligman“ und ein Stück darüber hinaus.
Schon gleich hinter „Kingman“ läßt der Verkehr merklich nach, alle fahren über die I 40, – gut so ! So sind wir auf der einspurigen Landstraße mit nur wenigen anderen Fahrzeugen unterwegs, – gemütliches, entspanntes Cruisen, – Johnny Cash aus dem Musikplayer sorgt mit „Ring of Fire“ und seinen „Old Cottonfields“ für das richtige Feeling, – die Straße ist meist schnurgerade, also Überholen für die Eiligen kein Problem.
Meist durchfahren wir die weite Wüste Arizonas, immer noch durch das Reservat der „Hualapai-Indianer“, herrliche Ausblicke durch weite Täler und Ebenen, – nur vereinzelt stehen meist mobile Wohnunterkünfte irgendwo in der Prärie, mit dem bereits beschriebenen Umfeld, einer Mischung aus Altwarenlager und Schrottplatz.
Bei „Hackberry“ machen wir einen ersten Stop, eine wirklich sehenswerte Location an der Straße, – ehemals Tankstelle und Reparaturwerkstatt, – heute eher Museum, Trödel und Souvenirshop, aber so was von sehenswert, ein Traum, – der gesamte Platz rund um das kleine Gebäude ist pure Nostalgie, – Zapfsäulen, Utensilien und Werbeschilder aus den 1950er und 60er Jahren, daneben unrestaurierte Oldtimer aus der selben Zeit und älter, – was für ein Augenschmaus, – ich kann mich kaum von den alten Sachen losreissen, – Heike nicht vom Souvenirshop, der wirklich extrem ausgefallene Sachen in den Auslagen bereithält.
Irgendwann klappts dann doch und wir fahren weiter.
Einige Kilometer später, ebenfalls eine ehemalige Tankstelle, heute ein Restaurant, – auch hier hat man sich ganz der damaligen Zeit verschrieben und Utensilien zusammengetragen und ausgestellt, vom Kleintransporter im durchlöcherten „Al Capone Stil“ bis zum alten Greyhoundbus, einigen Feuerwehrtrucks und einem ehemals wohl recht schnellen Polizeifahrzeug.
Die Landschaft ändert sich, die weite Wüste wird von Sandsteinbergen abgelöst, die Vegetation wird dichter, sogar kleine Grünflächen tauchen in dem schmalen Tal auf, es wird ein wenig Landwirtschaft betrieben, Pferde und Rinder stehen auf den wenigen Weiden. Auch Büsche und Bäume sind wieder zu sehen, sogar lichte Wälder, zuerst große Wacholderbäume, später dann wieder Pinien.
Irgendwie zieht sich der Hauch von marodem Flair, von Nostalgie und besseren Zeiten, die es hier sicher einmal gab, durch den gesamten Tag, – auch als wir am späten Nachmittag in „Seligman“ ankommen, – das Städtchen rühmt sich, die „Wiege“ der „Route 66“ zu sein. Durch den ganzen Ort zieht sich dieser Flair, – alte Tankstellen, die heute Bars, Gaststätten oder Souvenirshops beherbergen, – Motels, die alle irgendwie „Route 66“ im Namen haben, und alle machen irgendwie auf sich aufmerksam, indem sie die Höfe und Fassaden irgendwie „verrückt“ gestalten, – großformatig bunt bemalt, – nostalgische Autos vor der Türe, – witziges Interior, wie Schaufensterpuppen, die auf Vordach, Terrasse und im Schaukelstuhl sitzen, bis hin zum Oldtimer, der mit 2 Zigarette rauchenden Skeletten besetzt ist, – alles irgendwie total „crazy“.
25 km hinter „Seligman“ fahren wir dann auf den Interstate 40 und noch einmal 40 km weiter nach Osten, wo wir dann auf den Highway 64 nach Norden abbiegen, der uns morgen zum Grand Canyon bringen wird.
Heute fahren wir bis kurz vor „Red Lake“, dort in einem lichten Pinienwald auf einer großen, hellen Lichtung gibt es einen „wilden“ Stellplatz, – wunderschön gelegen, hell und großzügig, ein paar Camper verteilen sich auf einen ganzen Kilometer, – hier werden wir übernachten. ( N 35° 17′ 17.9″ W 112° 08′ 00.2″ )
Auf der heutigen Tagesetappe sind wir unmerklich aber stetig in die Höhe gefahren, denn am Abend sind wir bei 2.060 Metern angelangt, – die Temperatur, die am Morgen bei 19 Grad lag, ist jetzt auf 14 Grad gefallen, – als um 18 Uhr die Sonne untergeht, fällt die Temperatur rapide, bis auf 2 Grad, es wird wohl Frost geben in der Nacht.
Tagesetappe: 213 km Gesamtstrecke: 30.442 km