Nachdem gestern am späten Nachmittag dicke Wolken aufgezogen sind, – der Wetterbericht hat für die nächsten 3 Tage Regen vorausgesagt, – sieht es heute morgen gar nicht nach Regen aus, die Sonne lacht von einem strahlend blauen Himmel, schnell sind 19 Grad erreicht. Auch die Nacht ist mild.
Gegen 10 Uhr fahren wir los, – Mexiko muß doch noch einen Tag länger auf uns warten, – wir haben im Reiseführer ein paar Ziele hier in der Nähe gefunden, die wir gerne noch anschauen würden. Also raus auf den Highway 111 und ab nach Süden.
Aber vorher fahren wir gerade noch nach „Bombay Beach“ am Salton Sea hinüber, bisher haben wir den Ort nur aus weiter Ferne gesehen.
Im Reiseführer wird berichtet, daß der Zustand dieses Ortes jeden Zufallsbesucher sofort die Flucht ergreifen lässt, – das müssen wir uns anschauen.
Schon beim Näherkommen hängt ein übler Geruch in der Luft, – das Wasser des Sees nimmt in den letzten Jahrzehnten immer mehr ab, der Salzgehalt ist wahnsinnig hoch und seine Farbe mittlerweile braun, – die Fische verenden und säumen die schlammigen Ufer, wohl der Grund für den Gestank.
Was in den 1960er Jahren mal ein aufstrebender Badeort mit Marina und zahlreichen Gästen war, ist nach und nach zum Hippielager verkommen und gleicht heute eher einem Schrottplatz, – vergammelte und halbzerstörte Baracken und Mobilheime bilden den Ort, tatsächlich lebt hie und da noch jemand darin, – offensichtlich alle Künstler, denn vor jeder Hütte sind „kleine Kunstwerke“ entstanden, – ein Baum voller Kaffeetassen, – ein Vorgarten, den Muster aus leeren Flaschen zieren und ein „abgestürztes Flugzeug“, das Einzige, was auch nur annähernd einen Hauch von Kunst versprüht.
Ein Deich schützt das ehemalige Dorf vor Überflutungen, die es offensichtlich immer wieder mal gegeben hat, die Straße davor steht unter Wasser, irgendwie drückt es durch den Deich. Wir drehen eine langsame Runde durch den Ort und ergreifen dann tatsächlich die Flucht. Das Kaff ist so schräg, daß es schon fast wieder eine Attraktion ist.
Nächster Halt ist etwa 20 Kilometer weiter südlich, am „Salvation Mountain“, – etwas abseits des Highway hat ein „Künstler“ einen künstlichen, bunt bemalten Berg erbaut, mit Sprüchen versehen und allerlei bunt bemaltes „Gerümpel“ davor drapiert. Auch total schräg, was es dort zu sehen gibt.
Und direkt daneben und dahinter haben sich seit vielen Jahren Hippies und Alternative in der Wüste niedergelassen um in „Slab City“, – so nennen sie das Camp, das letzte Stück Freiheit dieser Welt zu geniessen.
Ok, finden wir eine gute Idee und sind diesbezüglich auch tatsächlich tolerant, – allerdings zwängt sich uns die Frage auf, was an einer Freiheit auf einer staubigen und verlotterten Müllkippe schön sein kann ?
Nochmal einige Kilometer weiter südlich, am Südrand des 1.300 Quadratkilometer großen Sees, liegt das „Sonny Bono Salton Sea National Wildlife Refuge“, ein Vogelschutzgebiet, in dem im Winterhalbjahr zahlreiche seltene Vogelarten anzutreffen sind.
Bei der Anfahrt dorthin beginnt es tatsächlich zu regnen, – wir fahren durch ein Gebiet, in dem sich einige Geothermiekraftwerke die unterirdischen Aktivitäten des St.-Andreas-Graben zu Nutze machen.
Im Vogelparadies ist leider so gar nichts los heute, die Vögel haben sicher wegen des ungewöhnlichen Regens heute keine Lust auf Touristen, – lediglich draußen auf einigen landwirtschaftlichen Flächen, die es hier gibt, haben sich ein Schwarm Ibisse und einige Reiher niedergelassen.
Nach dem Mittagessen fahren wir über „Brawley“ weiter nach Osten, dort gibt es die „Imperial Sand Dunes“, ein weitläufiges Sanddünenfeld mit bis zu 90 Meter hohen Dünen, das sich von der mexikanischen Grenze bis hier rauf in einer Breite von fast 10 Kilometern hinzieht, – das wollen wir uns ansehen, – zudem gibt es dort Übernachtungsplätze, – mal wieder in den Dünen übernachten, das könnte uns gefallen.
Auf dem Weg dorthin durchfahren wir eine Zone intensiver Landwirtschaftsflächen, es wird heftig bewässert und Weidewirtschaft betrieben, über weite Strecken sitzen haushoch aufgesetzte Heuballen am Rand der Felder oder auf großen, mehrere Fußballfelder großen Lagerflächen, – auf halber Strecke passieren wir auf der linken Seite eine Farm, wie wir sie uns bis heute nicht haben vorstellen können, – in einem offenen Gehege, tief im eigenen Mist, stehen einige tausend schwarz-weiß gefleckte Rinder, schon Meilen vorher und auch danach stinkt es jämmerlich, die Tiere können einem nur Leid tun. Es ist eine unvorstellbar große Fläche, mindestens einen halben Kilometer lang und ebenso breit, auf der die Tiere Seite an Seite stehen, das können durchaus zwanzigtausend Stück sein.
Hier beginnt es jetzt kräftig zu stürmen und als wir die Dünenfelder erreichen fegt ein heftiger Sandsturm über uns hinweg.
Der größere Teil der Dünen ist für ATV und Offroadfahrzeuge freigegeben, entsprechend ist hier heute am Feiertag und langen Wochenende was los, – Unmengen von diesen Buggys flitzen durch den Sand, – Wohnwagen und Reisemobile mit großen Anhängern stehen auf mehreren großen Flächen im Sand, sie bleiben wohl länger.
Eine Vielzahl von Ranger-Pickups fährt Streife und sogar die Sheriffs haben einige von diesen Buggys mit Beschriftung und Blaulicht und fahren fleißig mit, um auch hier draußen präsent zu sein. Am anderen Ende des Dünenfeldes, bei „Glamis“, hat sich ein ganzes Camp gebildet, – ATV-Verleiher, Werkstätten, Gastronomie, Zubehörshops, alles ist vertreten, – und niemand läßt sich durch den heftigen Sandsturm den Tag verderben, der wird einfach ignoriert, – und weiter geht die Show.
Wir drehen um, oft kann man keine 100 Meter weit sehen, so weht der Sand durch die Luft, im Nu haben wir ihn innen im Führerhaus, obwohl alle Fenster zu sind, so langsam wird das Armaturenbrett und die Armstützen an den Türen leicht rotbraun obendrauf.
Wir beginnen, uns einen Nachtplatz zu suchen, obwohl wir uns mittlerweile nicht mehr sicher sind, ob das ein guter Gedanke ist, – an einer Rangerstation fahren wir mal rein, ich frage, wie das hier gehandhabt wird, ob man sich einfach einen Platz aussuchen kann und ob man ein Permit benötigt.
In diesem Moment hört der Sturm schlagartig auf, – in Sekunden ist die Luft klar und über uns ist ein Himmel zu sehen, der Angst macht, – kohlschwarz, – dicke, quellende Wolken, – Weltuntergangsstimmung, – und im selben Augenblick kriegen wir beide eine „Dringende Unwetterwarnung“ auf dem Display unseres Handys eingeblendet, eine „Flash Flood“ ist in den nächsten 2 Stunden für das hiesige Gebiet zu erwarten.
Nun, das wars dann mit der Nacht in den Dünen, – das wird uns zu heiß, denn mittlerweile schüttet es und wie schnell sich hier in der Wüste Sturzfluten bilden, haben wir im kleinen Maß schon erlebt, – also nichts wie raus hier und zurück nach „Brawley“.
Dort landen wir dann wieder mal auf dem Walmart-Parkplatz, asphaltiert, ohne Sturm und ohne Sturzflutgefahr, – nur weiter regnen tuts noch. ( N 32° 57′ 47.2″ W 115° 32′ 51.7″ )
Tagesetappe: 206 km Gesamtstrecke: 36.790 km