27.01.2023 – Von Cobán nach Lanquin

Endlich mal wieder ein wirklich ruhiger Schlafplatz, – lediglich am Abend klingt laute Musik über das Gelände, in der Cooperative gibt’s irgendwas zu feiern, aber Musik, zudem die hiesige, ist ja kein Lärm, ich empfinde sie als äußerst angenehm.

Der Regen hält an, nicht sehr stark, aber die Nacht durch, und auch in der Früh tröpfelt es immer wieder ein wenig, – wie ich heute noch lernen werde, regnet es in dieser Region ca. drei mal die Woche, das ist einer der Faktoren für den Anbau von Kaffee.

Mein Wecker klingelt um 06.40 Uhr, um 8 Uhr beginnt die Führung, – ich bin der einzige Gast.
Nunja, – da steht auch niemand im Weg rum.
Eine junge Guatemaltekin begrüßt mich, sie spricht englisch, zwar mit einem schwierigen Slang, ich kann sie aber trotzdem ganz gut verstehen.
Der Rundgang durch die Plantage mit anschließender Kaffeeverköstigung dauert gut 2 Stunden und kostet knapp 10 Euro.
Sie erklärt mir, daß hier vier verschiedene Sorten angebaut werden, die man äußerlich schon an der Strauchform und -größe erkennen kann und daß Kaffee nur in Höhen zwischen 1.300 und 1.800 Metern Höhe, – auf bestimmten Böden und unter eben diesen hiesigen klimatischen Bedingungen wächst.

Die Cooperative zieht ihre eigenen Setzlinge und pflanzt sie aus, wenn Sträucher, je nach Sorte, nach ca. 25 Jahren, keine vernünftigen Erträge mehr bringen, oder neue Flächen bepflanzt werden.
In der hiesigen Region gedeiht die Frucht am Besten im Halbschatten, deswegen pflanzt man hier vereinzelt Bananenstauden und andere, höhere Bäume zwischen die Sträucher, die den Schatten bringen.

Geerntet wird grundsätzlich von Hand, nur die dunkelroten Kirschen sind reif, rote oder gar grüne brauchen noch Zeit und kommen später dran.
Die Cooperative legt größten Wert auf den Anbau und die Verarbeitung nach rein biologischen Methoden, ohne Einsatz irgendwelcher Chemikalien, – auch bei gelegentlich auftretendem Schädlingsbefall oder Krankheiten, wird nur mit selbst erzeugten „Hausmitteln“ dagegen angegangen.

Die weitere Verarbeitung der geernteten Kirschen findet maschinell in den Gebäuden auf dem Gelände statt, das Rösten geschieht außer Haus in einer anderen Cooperative.
Die äußeren Schalen, die bei der Verarbeitung abfallen, werden kompostiert und als Dünger wieder in die Plantagen eingebracht.

Bei der anschließenden Kaffeeverköstigung wird nicht einfach Kaffee gekocht, – nein, – das darf man schon zelebriert nennen, – es beginnt bei der Auswahl des richtigen Filterpapiers und auch die Wassertemperatur wird genau eingestellt, ich konnte hier 92 Grad erkennen.
Wir probieren hier lediglich zwei Sorten, dabei kommen die geschmacklichen Unterschiede schon deutlich zum Vorschein.

Sie erzählt mir dabei über die Größe der Cooperative, spricht von 250 Hektar, dazu weitere 500 Hektar Wald, und daß man auf anderen Flächen auch andere Dinge anbaut, wie z.B. Bananen und Kardamom, damit man in der Zeit, in der kein Kaffee geerntet werden kann, auch zu tun hat und Einnahmen generieren kann.

Die Produkte der Cooperative gehen zu einem Großteil in den Export, der über große Handelsorganisationen abgewickelt wird, – etwa ein Viertel verkaufen sie direkt an die Endverbraucher.
Ich habe zwar noch Vorrat, – aber hier keinen Kaffee zu kaufen, wäre ein Frevel.

Gegen 11 Uhr mache ich mich dann auf den Weg, Lanquin und Semuc Champey soll mein heutiges Ziel werden.

Geregnet hat es dankenswerterweise heute früh nicht mehr, es ist aber mehr als Novemberwetter hier, – tiefhängende, dunkle Wolken und Nebel bestimmen das Bild, – die Temperatur liegt bei 19 Grad.

Zunächst muß ich wieder mal durch die Stadt, dann komme ich auf die RN 5 und fahre ostwärts, bei Pajal wechsele ich dann auf die AV 6 bis Lanquin.
Falls jemand die Strecke fahren möchte, – fahrt in der Stadt einfach den Schildern nach, die passen recht gut und sind zahlreich aufgestellt. Die Navigation mit Garmin und OSM funktioniert hier überhaupt nicht, es scheint ein „Riß“ in der Strecke zu sein und ein Umweg von weit über 2 Stunden wird angezeigt, – also tut nicht, was das Navi hier erzählt !

Die RN 5 ist erstaunlich gut ausgebaut, relativ breit und ziemlich sauber asphaltiert, – so wird die Fahrt durch die Berge, trotz wahnsinnig vieler Kurven, nicht zu anstrengend.
Was heute anstrengt ist das Wetter, es schüttet mittlerweile aus Eimern, 17 Grad, der Nebel ist teilweise so dicht, daß gerade noch der Straßenrand zu sehen ist. Schade, denn gerade hier oben sollen tolle Aussichten zu genießen sein, ich will hoffen, daß es für die morgige Rückfahrt besser wird und ich doch noch was davon mitkriege.

Ab Pajal führt die AV 6 bis Lanquin, – in meinen Büchern noch als üble Schotterpiste beschrieben, finde ich eine nagelneue, breit betonierte Straße vor, – na, das ist doch mal eine nette Überraschung.
So bin ich im Nu im kleinen Städtchen und mache mich gleich noch auf die letzten 10 Kilometer, hinüber nach Semuc Champey, – die haben es allerdings in sich, – ein schmaler Feldweg, übelster Ausführung, – steil und voller tiefhängender Äste, der im Moment mehr einem Sturzbach als einer Straße gleicht.
6 Kilometer vor dem Ziel gebe ich auf, das hat keinen Wert, die Steilstücke sind matschig und glatt, die Gräben rechts und links voller Wasser, die Straße zum Teil auch, ich laufe Gefahr, seitlich abzurutschen, – das laß ich heute mal lieber.
An einer einigermaßen geeigneten Stelle drehe ich um und fahre zurück nach Lanquin, mal schauen, wie morgen das Wetter ist, vielleicht greife ich noch mal an.

Die Stellmöglichkeiten im Örtchen sind nicht gerade üppig, – ein Parkplatz am Hotel El Recreo gefällt mir noch am Besten. ( N 15° 34′ 33.4“ W 089° 59′ 01.4“ )

Der entpuppt sich als recht angenehm, eine schöne, gerade Stellfläche unter Bäumen, der Hoteleingang nur 10 Meter daneben, los ist hier gar nichts, aber das hoteleigene Restaurant ist offen und lockt mich heute Abend.

Tagesetappe: 72 km Gesamtstrecke: 51.272 km

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2 Kommentare zu „27.01.2023 – Von Cobán nach Lanquin

  1. Lieber Herr MAN , vielen Dank für die sehr schönen Reiseberichte. Die angegebenen Koordinaten
    lassen mich „richtig“ mitreisen.
    Dein treuer Mitfahrer …. Heinz

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