15.01.2023 – Vom Lagos Tziscao zum Lagos de Colon

Ich bin alleine auf dem Campground, alle anderen sind wohl vor dem Wetter geflüchtet.

Die Nacht ist ruhig, – still ruht der See, der Nieselregen hat aufgehört.
Der Morgen sieht gut aus, – draußen ist es schon wärmer geworden und die dünne hochnebelartige Wolkendecke löst sich bald auf, die Sonne lacht von einem strahlend blauen Himmel, – als wäre Nichts gewesen.

Nach dem Frühstück nutze ich noch für eine knappe Stunde das WLAN des Hauses, – gibt ja kein Funknetz hier, fülle den Wassertank, dann mache ich mich los.
Heute habe ich nur knappe 110 Kilometer bis zur Grenze und will am frühen Nachmittag noch den Sprung hinüber schaffen.
Ich fahre etwa 40 km auf der MEX 307, dann bin ich zurück auf der MEX 190, dem alten panamerikanischen Highway, der durch den Kontinent führt, – etwa 70 km weiter südlich ist der Übergang Ciudad Cuauhtémoc – Frontera La Mesilla bei La Demacracia.
Sieht alles nach einem easy Sonntagsausflug aus, – aber erstens kommt es immer anders usw., – ihr wißt schon, – es wird noch ein abenteuerlicher Tag heute.

Zunächst überwiegen nach der Wegfahrt vom See noch die Nadelwälder, – nach wenigen Kilometern ändert sich dann die Vegetation schlagartig.
Wo gestern noch üppig wuchernder, tropischer Regenwald war und heute auf den letzten paar Kilometer eben Nadelwälder, wird die Landschaft hier trocken, – geregnet hat es wohl schon länger nicht mehr, zumindest nicht viel, – die Maisäcker sind wieder braun, – die Weiden nicht wirklich grün, – ganz zaghaft kommt frisches Grün durch den braunen Teppich von Altgras.

Auf der MEX 190 geht es zügig südwärts, gegen 15 Uhr werde ich wohl an der Grenze sein.
Doch es kommt anders:
Etwa 25 km vor der Grenze, bei San Agustin Dos, steht der Verkehr Richtung Süden komplett, – nichts geht mehr, – Gegenverkehr ist auch keiner zu sehen, – die Menschen haben sich gemütlich eingerichtet, Klappstühle auf der Straße, – oh, oh, das wird wohl dauern.
Ein Nachbar aus dem Stau versucht mir zu erklären, daß der Stau wohl bis an die Grenze führen soll. Warum das denn ? Frontera La Mesilla ist eigentlich kein großer Übergang, aber naja, wird schon so sein.
Ich überlege, was ich machen kann und sehe auf der Karte, daß der Abzweig zum Lagos de Colon, einem Ausflugsziel mit Hotels und Campingplätzen nur 500 Meter weiter vorne links abgeht.

Das mache ich, – ich traue mich mit Warnblinker auf die Gegenspur und fahre langsam an der Schlange vorbei bis zum Abzweig, – aus der Ferne kann ich sehen, was wirklich los ist, – von wegen Stau bis zur Grenze, – Stau bis genau hierher, denn hinter der Kreuzung haben irgendwelche, – ja, wer eigentlich ?, – ich weiß es nicht !, einen LKW quergestellt und die Straße blockiert, 30 bis 40 Leute stehen um den LKW herum, – demonstrieren.
Glück gehabt, mein Abzweig ist vorher, denke ich, blinke und fahre rein, – bis ich erkenne, daß da auch zwei LKW querstehen, – na prima, – das war nichts, – ich drehe um, fahre die Strecke wieder zurück und stelle mich an alter Stelle wieder an.

Nach einer Weile schaue ich mir das Ganze aus der Nähe an, viele Andere aus dem Stau sind auch nach vorne gegangen, um zu schauen, um was es überhaupt geht.
Der Verkehr ruht komplett, – Passanten kommen und gehen, – es gibt keine Transparente oder Ähnliches, ich habe also keine Ahnung, was das Anliegen dieser Leute ist.
Nun rückt Militär aus der Gegenrichtung an, drei Pickups, die Ladefläche vollbesetzt mit Soldaten, auf dem Dach ein MG, und ein vollbesetzter Pritschen-LKW als Mannschaftstransporter, sie dürfen passieren, offensichtlich geht man Konfrontationen aus dem Weg, auch das Militär macht keine Anstalten, irgendetwas an der Situation zu ändern, sie biegen in den Abzweig nach Lagos de Colon ein, einer der beiden Blockade-LKW rückt zur Seite.

Eine ganze Weile passiert nichts, also gehe ich wieder zurück, nicht ohne zwei Handyfotos aus der Ferne zu machen und meiner Wege zu gehen.
Vom querstehenden LKW auf der 190 kommt irgendwelches Geschrei, beim Zurückschauen sehe ich aufgeregte Männer, denke, daß jetzt wohl das Militär irgendeine Aktion startet und gehe meines Weges, muß ich ja nicht dabei rumstehen, andere Passanten schauen auch, was da wohl los ist.


Wenige Sekunden später stehen etwa 10 von diesen Kerlen, teilweise maskiert und mit Holzknüppeln bewaffnet um mich herum, – hä, was wollen die denn ?
Ich verstehe plötzlich: „No Foto, no Foto“, – aha, daher weht der Wind, – ich bleibe ruhig, und antworte auch „No Foto, – ok, no Problema“, zücke mein Handy, der Wortführer schaut, ich zeige ihm die zwei Bilder und sage ihm, daß ich sie halt lösche, und während er und 3 oder 4 von ihnen zusehen, lösche ich sie, – ein weiteres Foto, das ich hinten vom Stauende gemacht habe, lösche ich großzügigerweise auch noch, – Alles gut !
Doch für einen von den Typen scheint das Thema damit nicht durch zu sein, er ist wohl scharf auf mein Handy, fordert es mit Nachdruck.
Junge, da hast Du Dir den Falschen ausgeguckt, ich schaue ihm in die Augen und schnauze ihn an, „No foto ist ok, no Problema“ und stecke mein Handy demonstrativ in die Hosentasche und will weggehen.
Der läßt nicht locker, – ich biete ihm dann an, daß er gerne die Foto-Speicherkarte haben kann, das Handy aber nicht kriegt, „ich sei Tourist aus Alemania und brauche mein Handy“, erkläre ich ihm.
Das scheint ihn nicht zu jucken, er bleibt dran, – jetzt sage ich ihm das ganze noch mal in Englisch, wissentlich, daß der sicher kein Englisch spricht.

Und plötzlich meldet sich ein Herr aus der zweiten Reihe der Gruppe, er war mir zuvor schon aufgefallen, um die 60 Jahre, besser gekleidet als die Anderen und ruft mir in Englisch zu: „Sorry, sorry, sorry Sir, please excuse us, – no foto is ok, no foto, no problem“, er streckt mir seine Hand entgegen und entschuldigt sich noch einmal. Keine Ahnung, was in ihm vorgeht, was ihn veranlaßt, hier plötzlich solche Töne anzuschlagen !? Aber mir kann es nur Recht sein.

Ich bedanke mich bei ihm, nutze die Gunst des Momentes und strecke dem, der mein Handy wollte, dreist meine Hand entgegen, – er zögert kurz, – dann nimmt er sie, – ich lache freundlich, klopfe ihm auf die Schulter und sage „Amigos“ zu ihm, ich glaube, das hat Eindruck hinterlaßen.
Dann sage ich „Adios“ und gehe. Sie wohl auch, ich schaue nicht mehr zurück, – erst später, weiter oben, – da sind sie längst weg.

Gegen 17.20 Uhr höre ich Sprechchöre von der Kreuzung, gegen 17.30 Uhr fährt das Militär hier vorbei und verschwindet, – die rücken ab, – und kurz danach rollt der Verkehr wieder.
Jetzt wird es aber auch Zeit, in 30 Minuten wird es dunkel, zum See sind es 12 Kilometer.

Es ist wieder mal tierisch eng, dort, wo ich hin will.
Zuletzt geht es in einen engen Wald, es ist schon fast dunkel, die Äste hängen wieder recht tief, ich schlängel mich so durch, – und stehe plötzlich vor einem schmalen Fluß, – hä, was jetzt ?
Ich lese nochmal in der Platzbeschreibung, – tatsächlich, der Campground ist nur nach zwei Flußdurchfahrten zu erreichen.
Ok, soll kein Problem sein, – nur glauben wollte ich es erst gar nicht.
Der erste Fluß ist recht easy, der Zweite eher nicht, – starke Strömung und die Tiefe ist im Halbdunkel auch nicht so recht abzuschätzen, also gehe ich erst mal zu Fuß über die kleine Fußgängerbrücke nebenan.
Nunja, wenn da wohl auch andere, gar mit PKW durchfahren, wird das doch für den HerrMAN kein Problem sein, sicherheitshalber sperre ich mal die Achsen und mache Allrad rein, dann fahre ich rüber, geht auch recht gut, ca. 50 cm tief ist das Wasser hier, 100 Meter weiter erreiche ich meinen Nachtplatz, ( N 15° 49′ 52.5“ W 091° 53′ 39.3“ ) ich bin mal wieder ganz alleine, – außer dem kräftigen Rauschen des Flußes ist nichts zu hören.

Tagesetappe: 102 km Gesamtstrecke: 50.498 km

Die beiden Fotos von der Blockade (die beiden letzten Fotos von heute) habe ich am Abend auf der Speicherkarte meiner Cockpitkamera gefunden und rauskopiert, entschuldigt also bitte die miese Qualität.

14.01.2023 – Von Nuevo Orizaba zum Lagos Tziscao

Die Nacht ist ruhig und friedlich, am Abend stehen noch ein paar Fahrer mit ihren Minibussen hinter mir und gönnen sich ihre Ruhepause, – spaßig geht es zu, – lautes Reden und Lachen, bis der Fahrplan zur Weiterfahrt drängt.

Dann der Morgen, – was ist das denn ?
Novembergrauer Himmel, dicke Wolken, frischer Wind, Nieselregen, 18 Grad, – wo bin ich denn hier hingeraten, – nichts wie weg !

Raus auf die MEX 307 und diesmal westwärts, ich muß zurück bis La Trinitaria und dann auf der MEX 190 südwärts zum Grenzübergang bei Pasa Hondo.
Die Straße ist ganz ok, – anfänglich ziemlich schnurgerade, bis sie sich dann wieder durch die Berge schlängelt, auch hier wieder, wie schon bei der Herfahrt, ziemlich viel tiefhängende Äste, die mich zur Slalomfahrt drängen, wenigstens ist nicht sehr viel Verkehr.

Was mir viel mehr zu schaffen macht, ist das heutige Wetter, – immer wieder nieselt es, mal nur ein wenig, mal mehr, die Temperatur geht zurück bis auf 16 Grad und in den Bergen hängt dichter Nebel, mit Sichtweiten unter 50 Meter, das gefällt mir gar nicht, – fahren ist unglaublich anstrengend, oftmals nur im Schritttempo.
Die Topes, die unter normalen Bedingungen schon oft kaum zu erkennen sind, verschwinden gänzlich in der Suppe und auf den Straßen ist alles unterwegs, – Fußgänger und Radfahrer, – jede Menge Hunde, – Viehherden, – aber auch unbeleuchtet abgestellte Autos und an einer Stelle liegen noch die Reste eines Baumes auf der Straße, den man schon irgendwie zur Seite geschafft hat.

Gegen 15 Uhr komme ich an den Abzweig zum Tziscaosee, wo ich vor Tagen schon einmal recht gut übernachtet habe, – zudem lockt mich deren Restaurant, – ich mache Schluß für heute, – es reicht, – vielleicht ist das Wetter morgen ja wieder besser. ( N 16° 04′ 57.6“ W 091° 40′ 25.3“ )

Tagesetappe: 147 km Gesamtstrecke: 50.396 km

13.01.2023 – Bootsausflug zu den Mayaruinen von Yaxchilán und Weiterfahrt von Frontera Corozal zur Grenze nach Nuevo Orizaba

Nachdem der gestrige Tag so richtig schwülheiße 32 Grad warm gewesen ist und auch der späte Abend noch immer mit schwülen 28 Grad auftrumpft, beginnt es irgendwann gegen 23 Uhr heftig zu regnen, es schüttet kräftig vom Himmel, ich habe Mühe, schnell genug alle Klappen und Fenster zu schließen.
Eine knappe Stunde, dann ist der Spuk vorbei, viel kühler ist es nicht geworden, allerdings feuchter, – angenehm geht anders !
Aber so funktioniert offensichtlich tropischer Regenwald, – es wird immer wieder mal nachts so fleißig gegossen, – kein Wunder, daß hier Alles so üppig grünt und blüht.

Heute morgen ist es dann wieder trocken, der Himmel allerdings bedeckt und die Temperatur liegt bei etwa 25 Grad, das ist allerdings bei dieser hohen Luftfeuchtigkeit absolut reichlich.

Um 6 Uhr klingelt mein Wecker, – frühstücken, was einpacken, um 7 Uhr geht unser Boot.

Doch zunächst muß ich mal raus, – nur wenige Meter neben mir, zieht eine Gruppe Brüllaffen lärmend durch die Baumwipfel, ein ohrenbetäubendes Spektakel.

Die Fahrt auf dem Rio Usumacinta flußabwärts dauert etwa 40 Minuten, der Rückweg, flußaufwärts, 10 Minuten länger, – eine Windjacke ist trotz der Wärme angebracht, es zieht heftig auf dem offenen Kahn.

20 Minuten vor 8 sind wir da, wir drei sind die Ersten und ganz alleine in der Anlage, mit ein Grund, so früh auf den Beinen zu sein.
Yaxchilán ist eine große Mayastätte mitten im Regenwald, die nur über den Fluß zu erreichen ist. Sie stammt aus den Jahren 300 bis 900 n.Chr. und erstreckt sich über 1,5 km am Fluß entlang und reicht tief ins Hinterland, – mehr als 100 Gebäude sind sichtbar, teilweise ausgegraben, teilweise noch vom Urwald überwuchert, möglicherweise stecken irgendwo in den Tiefen des Waldes noch viel mehr verborgene Schätze, wiederentdeckt und ausgegraben wurde der Ort erst Ende des 19. Jahrhunderts.
Die hinter den mächtigen Bäumen aufgehende Sonne versetzt den Ort in ein mystisches Licht, die ständige Feuchte des Regenwaldes hat Alles mit einem grünen Film an Moos und Flechten überzogen, auch hier sind irgendwo in den Bäumen wieder die Brüllaffen unterwegs, ihr Brüllen verleiht der gesamten Szenerie nochmal einen ganz besonderen Touch.

Zwei Stunden haben wir Zeit für die Runde durch die Ruinen, dann werden wir wieder abgeholt und zurückgebracht, – die Zeit könnte ein wenig üppiger sein, – der Rundgang ist ziemlich anstrengend, es geht mehrmals über unzählige, ausgetretene Stufen steil den Berg hinauf und wieder hinab, durch den nächtlichen Regen sind die Steine ziemlich rutschig, zudem sind die Wärme und die hohe Luftfeuchtigkeit eine absolut schweißtreibende Angelegenheit.

Trotzdem ist der Ausflug ein unvergessliches Erlebnis und sein Geld wert, wir haben etwa 20 Euro pro Person bezahlt für Bootsfahrt und Eintritt, das ist absolut in Ordnung.

Auf der Rückfahrt schrecken wir noch zwei mächtig große Krokodile am Flußufer auf und sind dann gegen viertel vor 11 Uhr schon zurück.


Hier trennen sich jetzt unsere Wege, Jutta und Michael fahren nach Norden, ich nehme den Weg über die MEX 307 nach Süden zurück, – will schauen, daß ich den nächsten Grenzübergang nach Guatemala, der ca. 140 km südlich, bei Nuevo Orizaba liegt, kriege.

Gegen 16 Uhr bin ich da, nachdem ich schon 3 Tage keinen Mobilfunk und kein Internet habe, hier gibt es keine Masten, kein Netz, keine Handys, ich aber in Grenznähe die Leute mit Handys sehe, kann es eigentlich nur möglich sein, daß sie bereits über die guatemaltekischen Masten telefonieren.
Im Städtchen preist ein Laden Telefonkarten an, da gehe ich rein und es bestätigt sich, was ich vermutet habe.
Ich lege mir eine neue SIM-Karte und Volumen zu und bin 10 Minuten später wieder online, – na also, geht doch !

Der Verkäufer teilt mir dann allerdings mit, daß ich morgen und auch später gar nicht an die Grenze zu fahren brauche, sie ist vorübergehend und auch noch länger geschlossen, – na prima, – der nächste Grenzübergang im Norden ist etwa 300 Kilometer entfernt, der nächste im Süden ebenfalls etwa 300.

Die örtliche Pemex-Tankstelle dient mir mal wieder als Nachtquartier, das Personal ist freundlich und hat kein Problem damit. ( N 16° 04′ 57.5“ W 090° 38′ 19,0“ )

Tagesetappe: 142 km Gesamtstrecke: 50.249 km

12.01.2023 – Von Reforma Agraria nach Frontera Corozal

Morgens um 7 ist die Welt noch in Ordnung !
Denkste !

Irgendwie ist draußen die Hölle los, – im Halbschlaf höre ich extrem laute Geräusche, die ich zunächst so überhaupt nicht deuten kann, – erst allmählich wird mir klar, was da gerade passiert.
Die Brüllaffen sind los !
Aus drei verschiedenen Richtungen kommt ohrenbetäubender Lärm, sie brüllen sich offensichtlich gegenseitig nieder, – das Brüllen, – wie will ich es beschreiben ? Eine Mischung aus agressiv brüllendem Löwen, röhrendem Hirsch und altem Kompressor, der gerade den letzten Ton von sich gibt, – aber alles in einer beeindruckenden Lautstärke, – hunderte Meter weit zu hören.

Ich mache mich aus den Federn, schnappe mir Kamera und Fernglas, – die können nicht weit weg sein.
Draußen ist es stickig, jetzt um kurz nach 7 Uhr in der Frühe, schon schwülwarm, die Luft ist feucht, die Fensterscheiben beschlagen und allerorts tropft Kondenswasser zu Boden, – und die Stechmücken sind auch fleißig unterwegs.
Ich gehe am Fluß entlang, immer dem Brüllen entgegen, – nur etwa 150 Meter entfernt sitzt eine 5er-Gruppe im Wipfel eines lichten, hohen Baumes, offensichtlich befinden sie sich in einem Zwiegespräch, einer Unterhaltung oder einer Auseinandersetzung mit den beiden anderen Gruppen, die zu hören sind, – eine Gruppe scheint über dem Fluß drüben, am anderen Ufer zu sein, – die zweite Gruppe wohl drüben im Bereich des Restaurants.

Anständige Fotos sind wegen der Höhe der Bäume natürlich Wunschdenken mit meiner Knipse, aber schemenhaft habe ich sie drauf.

Nach dem Frühstück mache ich dann erneut eine Runde am Fluß entlang, – die Brüllaffen sind verschwunden, auch die anderen Gruppen sind verstummt, sie entwickeln ihre Aktivitäten überwiegend zum Sonnenauf- und Sonnenuntergang, die restliche Zeit verbringen sie schlafend in irgendeiner Astgabel hoch oben in den Bäumen.
Die Guacamayas, wie die herrlich bunten Aras hier genannt werden, bereiten beim Fotografieren die selben Probleme, sie sitzen so hoch in den Bäumen, und auch im Flug sind sie so hoch, daß die Bilder schlichtweg für die Tonne sind.
Um wenigstens ein, zwei vernünftige Fotos von ihnen zu haben, fotografiere ich die vier armen Teufel, denen man die Freiheit genommen und sie in eine Voliere gesperrt hat, – sie ist zwar groß, doch was ist das im Vergleich zu der Freiheit dieser majestätisch schönen Tiere, die ihre Runden krächzend hier über dem Fluß oder dem Regenwald drehen.
Zur Zeit sind nicht sehr Viele hier am Fluß unterwegs, die Chefin des Campgroundes erzählte mir gestern schon, daß es offensichtlich so etwas wie eine Flugsaison gibt, die hier im Juli und August ist, – irgendwelche Früchte in den Bäumen des Regenwaldes sind zu dieser Zeit reif und locken sie in Scharen an.

Zum Ende meiner Morgenrunde hat sich eine kleine Gruppe schwarzer Klammeraffen, nur wenige Schritte neben meinem Stellplatz in den Bäumen eingefunden und zeigt mir zum Abschied seine Kletter- und Sprungkünste. Das finde ich ja nett von denen, daß sie noch gekommen sind.

So ist es dann schon 12.30 Uhr, als ich vom Platz mache, es sind heute zwar nur etwa 110 Kilometer, die haben es aber in sich.
Die schmale Straße, etwa 50 Kilometer weiter Richtung Norden, dann wieder auf die MEX 307, weitere ca. 50 Kilometer und dann rechts weg, direkt bis an die Grenze zu Guatemala bei Frontera Corozal.
Für die ersten 50 Kilometer brauche ich mal locker zwei Stunden heute, – die Straße ist wirklich übelst, die ehemals asphaltierte Straße ist in weiten Teilen zu einer Schotterstraße mutiert, und da, wo der Asphalt noch „erhalten“ ist, sind die Schlaglöcher so zahlreich und tief, daß ich mir wünsche, daß der Asphalt besser ganz weg wäre.
Also, – immer schön langsam, oft nur Schritttempo, dann wird es schon, – braucht halt seine Zeit.

Dafür ist die MEX 307 dann ein Sahneschnittchen, nachdem auf dem ersten Teilstück auch noch Schlaglöcher sind, wird sie dann allerfeinst, – schnurgerade, – kaum noch zugewachsen, – guter Asphalt ohne Schlaglöcher, hier und da mal eine Bodenwelle über die wir hinwegfliegen, – es macht mal wieder richtig Spaß, es ordentlich fliegen zu lassen !
Bis dann auf den letzten 10 Kilometern wieder ein paar wenige Schlaglöcher auftauchen, – naja dann halt wieder gemütlicher, – reicht ja auch, hat Spaß gemacht.

Zur Landschaft gibt es nicht wirklich viel zu schreiben, – tropischer Regenwald, – üppige Vegetation, – unzählige Ranchos, – Rinderherden prägen das Bild, – die Gegend ist naß, – überall stehen Tümpel und Weiher, – es gibt unzählige Bäche und richtig große Flüße, – die Weiden sind grün und üppig, – im Gegensatz zum Hochland sind hier die Maisfelder grün.

Die letzten 15 Kilometer rüber zum Grenzfluß Rio Usumacinta wird es wieder eng und nach dem Ankommen im Ort Frontera Corozal wieder spannend, – die Kabel hängen hier so tief über der Straße, daß ich in Schlangenlinien drunter durchtauche, aber ohne Schäden unten am Fluß ankomme.

Der Stellplatz am Hotel Escudo Jaguar liegt direkt am Fluß ( N 16° 49′ 22.8“ W 090° 53′ 08.0“ ), – hier legen die kleinen Boote ab, die die Besucher zu den Ruinen der Maya-Stätte „Yaxchilán“, mitten im Regenwald bringen, – das andere Ufer drüben ist bereits Guatemala.

Jutta und Michael, ein Travellerpaar aus Österreich habe ich bereits in Oaxaca kennengelernt, wir fahren offensichtlich die selbe Route, denn wir begegnen uns hier und heute zum dritten mal in den letzten drei Tagen.
So haben wir uns für morgen früh zusammen ein Boot gechartert und werden diesen Ausflug zu den mythischen Maya-Stätten mitten im Regenwald zusammen machen.

Tagesetappe: 112 km Gesamtstrecke: 50.107 km

11.01.2023 – Vom Lagos Tziscao nach Reforma Agraria

Der abendliche Regen hält nicht sehr lange an, die Nacht bleibt aber frisch und auch am Morgen ist der Himmel zunächst noch bedeckt und die Temperatur im eher unterkühlten Bereich, nur zögerlich kommt die Sonne hinter den Wolken hervor, setzt sich aber immer mehr durch und die Temperatur erreicht endlich wieder den Wohlfühlbereich.

Wir sind nur gute 10 Fußminuten von Guatemala entfernt, man kann hinlaufen und auch zu Fuß über die Grenze, Kontrollen finden offensichtlich nicht statt, – drüben stehen ein paar Häuser, ein paar kleine Geschäfte, – und das wars.

Hier am Platz und auch während meiner gesamten heutigen Tagesetappe gibt es kein Mobilfunknetz, offensichtlich eine „vergessene Region“, – Insel der Glückseligen ?
In irgendwelchen kleinen Dörfchen habe ich trotzdem Menschen mit Handys gesehen, kann mir höchstens vorstellen, daß sie evtl. über guatemaltekisches Netz telefonieren und surfen.

Meine Tagesetappe führt über die MEX 307 ostwärts und über die letzten 50 Kilometer auf einer kleinen Nebenstraße nordwärts.
Heute ist es verdammt anstrengend, wieder hunderte von Kurven und noch viel mehr Topes, – die Strecke führt in weiten Stücken durch den tropischen Regenwald, – dichter Bewuchs reicht bis an die Straßenränder, manchmal bis auf die Straße, und die Äste und Lianen hängen wahnsinnig tief, mein Blick ist mehr gegen den Himmel, als auf die Straße gerichtet, – viele Kilometer weit nutze ich die linke Fahrspur, weil es rechts unglaublich eng ist, – hängen die Äste auf beiden Seiten tief, schlängele ich mich irgendwie in der Mitte durch.
Durch den nach oben gerichteten Blick kriege ich nicht nur einen steifen Nacken, sondern übersehe auch das eine oder andere tiefe Schlagloch, in das der HerrMAN donnernd reinkracht, – oben einem Ast ausgewichen, unten in ein Loch reingefahren, – na prima ! Manchmal tut er mir richtig leid.

Tagesziel ist heute das Centro Ecoturístico Las Guacamayas, ein Naturschutzprojekt am Rande des Biosphärenreservates Montes Azules, hier kann man entlang des Rio Lacantún allerlei Wildtiere beobachten, – Brüllaffen, Tukane und Tapire, aber hauptsächlich interessieren mich die hier freilebenden bunten Aras.
Als ich bei Boca de Chajul abgebogen bin, ist bereits ein erster kleiner Schwarm über mich hinweggeflogen und etwas später sind zwei ein ganzes Stück Weg über mir mitgeflogen, haben mit ihren krächzenden Stimmen jämmerlich mit mir geschimpft, – trotzdem ein majestätisches Bild, wenn sie so dahingleiten und ihre bunten Federn in der Sonne leuchten.

Morgen früh werde ich am Flußufer entlanggehen, mal schauen, was mir da so vor die Linse kommt.

Gegen 17 Uhr treffe ich ziemlich geschafft am Campground Biohidroselva ein, nahe des Flußes auf einer Wiese zeigt mir die Besitzerin meinen Übernachtungsplatz ( N 16° 15′ 22.4“ W 090° 51′ 40.9“ ).
Von der anderen Seite des Flußes ist das Brüllen der Affen bereits zu hören.
Nur wenige Minuten Fußweg entfernt, im Hotel des Projektes gibt es ein Restaurant, – das habe ich mir heute redlich verdient.

Tagesetappe: 155 km Gesamtstrecke: 49.995 km

10.01.2023 – Von San Cristobal de las Casas zum Lagos Tziscao

Die Nacht ist wieder unglaublich still, – ich bin wieder mal alleine auf weiter Flur, – die Besucher, das Personal, die Betreiber der Restaurants und die Händler verlassen mit Einbruch der Dunkelheit das Gelände, und erst am Morgen gegen 9 Uhr treffen sie alle nach und nach wieder ein.

Ich mache mich gegen 10.30 Uhr auf den Weg, – ihr wißt schon, – die MEX 190 wieder, – über Teopisca nach Comitan, wo ich meine Vorräte für die nächsten Tage auffülle, – und dann bei La Trinitaria verlasse ich nach 5 Tagen die MEX 190 und biege auf die MEX 307, die nun kilometerweit direkt an der guatemaltekischen Grenze entlangführt.


Die Nacht war frisch und auch jetzt sind es gerade mal 17 Grad, der Himmel ist ein wenig bedeckt und auch auf meinem weiteren Weg sind heute nicht mehr als 21 Grad drin, – die Berge halt.
Als ich am Abend meinen Übernachtungsplatz am Lagos Tziscao erreiche sind es gerade wieder mal nur noch 16 Grad und es beginnt zu regnen.

Die gesamte Tagesetappe führt immer wieder durch mehr oder weniger dichten Nadelwald, hier meist Pinienwälder, vereinzelt sind aber auch Fichtenbestände zu sehen, – das zusammen mit der hügeligen Landschaft und den Feldern dazwischen erinnert mich stark an heimische Mittelgebirgslandschaften wie Rhön oder Spessart.
So dreht sich hier in den Dörfern fast alles um Holz und all dem Drumherum, – kleine Sägereien produzieren aus dem Stammholz Bretter und Balken, – die Reste werden zu Brennholz verarbeitet, – Köhler produzieren Holzkohle, die in Säcken am Straßenrand angeboten wird, – weiterverarbeitendes Gewerbe produziert Kisten und Kleinmöbel, – alles, was aus Holz ist, wird am Straßenrand angeboten, vom Kinderspielzeug über die Hundehütte bis hin zum exklusiven Wohnzimmermöbel.

Gegen Abend erreiche ich den Nationalpark Lagunas de Montebello, eine Landschaft aus annähernd 60 kleinen Seen, eingebettet in schmale Täler und umstanden von Pinienwäldern, ein Gebiet für Wanderer und Entdecker, aber auch eine Möglichkeit zu übernachten.
So laße ich mich an einem der größeren Seen, dem Lagos Tziscao, beim Hotel Villa Tziscao nieder, zwischen Hotel und Seeufer liegt der kleine, naturbelassene Campingplatz. ( N 16° 04′ 57.9“ W 091° 40′ 25.3“ ).

Offensichtlich sind wir hier nur wenige Meter von der Grenze zu Guatemala entfernt, denn meine mexikanische SIM-Karte hat sich bereits verabschiedet, ich bin offensichtlich auf einem Funkmasten in Guatemala eingeloggt, muß morgen früh mal im Hotel nach dem WLAN-Code fragen.

Tagesetappe: 140 km Gesamtstrecke: 49.840 km

09.01.2023 – Bootsfahrt durch den Canyon del Sumidero und Weiterfahrt von Chiapa de Corzo nach San Cristobal de las Casas

Die Bootstouren starten ab 8 Uhr, entsprechend ist schon ab 7 Uhr Betrieb auf dem Hof, Mopeds und Autos kommen und bald auch die ersten Taxen und Kleinbusse, die Gäste bringen.

Die Boote fahren los, so bald sie mit 12 bis 15 Fahrgästen besetzt sind, feste Zeiten gibt es nicht, Wartezeiten auch nicht.
Ich mache mich gegen 10 Uhr los, – ein Ticket kostet 232 Pesos, also rund 12 Euro, die Fahrt führt bis ins mehr als 20 Kilometer entfernte Chicoasén, wo eine Staumauer zur Umkehr zwingt.

Die Fahrt ist beeindruckend, – schon nach wenigen Minuten verschlingt uns die Einsamkeit der Schlucht, – der Fluß schlängelt sich gemächlich durch den Canyon, – die Felsen auf beiden Seiten werden immer mächtiger, bis sie sich zur Mitte der Strecke etwa 1.200 Meter senkrecht auf beiden Seiten gegen den Himmel recken, – sieht gigantisch aus.
Vor den steil aufsteigenden Felsen, an der Flußkante, klammert sich der tropische Regenwald an jeden verfügbaren Platz, kleine Sandbänke ducken sich vor den Büschen und Bäumen, auf ihnen aalen sich mächtig große Krokodile in der Sonne.
Kormorane sitzen auf den Bäumen und halten nach Beute Ausschau, Silber- und Graureiher stehen im Wasser oder am Ufer, Pelikane lassen sich in der Strömung treiben, – oberhalb der Felsen drehen immer wieder irgendwelche nicht sehr großen, schwarzen Geier in großer Stückzahl ihre Runden, gelegentlich lassen sie sich in Ufernähe auf Felsbrocken nieder.
Und direkt am Ufer in einem der mächtigen Bäume entdecken wir eine Affenmutter mit ihrem Baby.

Natürlich ist auch hier das weltweite Plastikproblem nicht zu übersehen, – immer wieder treiben Flaschen in der Strömung und an Wirbeln oder in Kurven wird unglaublich viel davon angeschwemmt, es bilden sich ganze Teppiche aus diesem Zeug, – eine Plage der Menschheit !

Bei Chicoasén verhindert eine Staumauer die Weiterfahrt, hier wird Strom erzeugt und vermutlich auch der Wasserstand reguliert.
Wir drehen um und fahren zurück.
Nach 2,5 Stunden erreichen wir wieder den Anleger, – eine wirklich erlebnisreiche Tour.

Nach meiner Mittagspause fahre ich noch ein Stück weiter, nicht viel, aber hier kann ich nicht noch eine Nacht stehen bleiben.
Nächstes Ziel ist dann San Cristobal de las Casas.

Hier nehme ich heute bewußt die mautpflichtige MEX 190 D, die über fast 50 Kilometer ziemlich gerade in die Berge der Meseta Central de Chiapas führt, während sich die MEX 190 wieder in hunderten von Kurven steil nach oben schlängelt, – an Maut zahle ich knapp 4 Euro.
In gut einer Stunde bewege ich mich von etwa 400 auf 2.300 Meter ü. NN, die Temperatur fällt von 32 auf 22 Grad und aus den schwarzen Wolken, die gestern nachmittag schon über den Bergen zu sehen waren, fallen tatsächlich für ein paar Minuten ein paar Regentropfen, – die ersten, seit ich vor sechs Wochen angekommen bin.

Auf dem örtlichen Campground in San Cristobal waren wir vor 3 Jahren, die Zu- und Abfahrt war dermaßen schwierig und eng, das tue ich mir heute nicht an.
Ich suche im iO und finde außerhalb der Stadt eine Empfehlung, die ich ansteuere, – einige Kilometer östlich, – sowieso meine Richtung.
Als ich ankomme, erkenne ich den Parkplatz der Grutas de Rancho Nuevo, einer Tropfsteinhöhle, die war auch damals schon besichtigt haben. ( N 16° 40′ 13.8“ W 092° 35′ 04.3“ )
Ein großzügiges Naherholungsgebiet in einem lichten Kiefernwald, mit Palapas, Feuerstellen und Campmöglichkeiten, – und die Restaurants sind auch noch geöffnet.

Tagesetappe: 57 km Gesamtstrecke: 49.700 km

08.01.2023 – von Rosenda Salazar nach Chiapa de Corzo

Und auch hier wieder eine traumhafte Ruhe und auch die Nachttemperatur ist recht angenehm, eigentlich ein Platz zum längeren Bleiben, – aber so ganz alleine, – das muß nun auch nicht sein.

Heute ist Sonntag, so trödel ich ein wenig rum, drehe noch eine Runde am See entlang und mache mich dann gegen 11 Uhr auf den Weg.

Auch heute wird die MEX 190 wieder „meine“ Straße sein, Cintalapa, Ocozocoautla und Tuxtla Gutierrez sind die markanten Orte.
Die ersten paar Kilometer geht es wieder kurvenreich durch die Berge, dann jedoch wird die Straße nahezu schnurgerade und bleibt ewig lang so, – ein richtiger Sonntagsausflug also, – es sind kaum Autos unterwegs, – ich trödel richtig gemächlich entlang, – so habe ich auch mal Zeit, mir die Gegend genauer anzuschauen.

Ranchos haben sich rechts und links der Straße angesiedelt, meist klein und ärmlich, nur gelegentlich ist mal ein Großbetrieb dazwischen, in der Regel eine Cooperative, – in der Flur weiden die Rinder zwischen Gestrüpp und dürrem Hartgras, – so richtig wohlgenährt sehen sie alle nicht aus.
Trotzdem scheint dies der Lebensunterhalt einer ganzen Region zu sein, denn in den Dörfern und Städtchen stehen überall Trucks mit speziellen Aufliegern für den Transport der Tiere und auch sonst dreht sich irgendwie Alles um „das liebe Vieh“.

Am Nachmittag nähere ich mich der Hauptstadt des Bundesstaates Chiapas, Tuxtla Gutierrez, die Durchfahrt dauert wegen verschiedener Baustellen und gesperrter Straßen wieder mal eine Stunde.
Dann führt eine Brücke über den Rio Grijalva, den Rio Grande de Chiapa, – nach Chiapa de Corzo, – hier ist mein Tagesziel, – der Bootsanleger Cahuare, von dem aus ich mich morgen mit einem kleinen Boot den Fluß hinab in den Canyon del Sumidero hineinfahren lassen werde.
Hier kann man über Nacht stehen, der Nachtwächter sichert uns, – neben mir steht noch eine junge Familie aus Frankreich mit ihrem Camper, für jeweils 50 Pesos eine ruhige Nacht zu. ( N 16° 44′ 24.9“ W 093° 01′ 52.4“ )

Nebenan, direkt am Flußufer sind gleich drei Restaurants, in einem laße ich mich auf eine leckere Grillplatte nieder, – später am Abend ist dort wohl irgendeine Feierlichkeit angesagt, – die typisch mexikanische Livemusik mit ihren Gesängen erschallt bis in die späte Nacht hinein und rumgeballert wird zwischendurch auch ganz ordentlich.
Die Temperatur, jetzt am späten Abend, liegt immer noch bei 26 Grad, ein wirklich angenehmer Sommerabend, – die Feierlaune der Einheimischen kann ich gut nachvollziehen.

Tagesetappe: 149 km Gesamtstrecke: 49.643 km

07.01.2023 – vom Benito Juarez See nach Rosenda Salazar

Die Nacht am See ist unglaublich still, – und warm, – schon wieder fast zu warm.
Gegen 6.30 Uhr, – mit dem ersten Tageslicht, weckt mich das Knattern eines TukTuk, dann brummen Autos, – ein paar Fischer treffen ein um ihre Boote zum Fischfang hinaus auf den See zu fahren, – dann treffen auch schon die ersten Badegäste ein, – heute ist Samstag, – Arbeitstag für die Einen, – Freizeitvergnügen für die Anderen.

Ich starte gegen 10 Uhr, – am See zeigt das Thermometer schon 30 Grad, wenige Kilometer weiter dann 32 und bei 34 pendelt es sich dann für den Rest des Tages ein.

Die Fahrt durch das kleine Städtchen ist, wie schon gestern bei der Anfahrt, ein schweißtreibender „Spießrutenlauf“ für den HerrMAN und mich, – Kabel und dicke Äste von Bäumen hängen so tief auf die Straße, daß ich mehrmals rückwärts fahren oder umdrehen und einen anderen Weg nehmen muß, – einmal keile ich mich so fest, daß nur noch der Weg rückwärts, verkehrt herum durch einen Kreisverkehr aus der Misere hilft.

Dann bin ich zurück auf der MEX 190, sie wird auch heute bis zum Abend „meine“ Straße sein.
Santo Domingo Tehuantepec, Heroica Ciudad, Union Hidalgo, La Venta und San Pedro Tapanatepec sind die Hauptorte, die ich passiere.

Den eigentlich geplanten Abstecher hinaus an die Pazifikküste hinter Salina Cruz verkneife ich mir, 50 Kilometer hin und wieder zurück, nur um den Pazifik anzuschauen, – den kriege ich später eh noch zu sehen, – und zu heiß ist es mir hier auch, – ich sehe zu, daß ich wieder in die Berge komme.

Mein Weg durch die genannten Städte führt mich heute über den „Istmo de Tehuantepec“.
Der Istmo, – wir haben ihn 2020 oben an der Nordküste bereits einmal überquert, ist die „Wespentaille“ Mexikos, eine Landenge, wo Golf von Mexiko im Norden und der Pazifik im Süden nur gute 200 Kilometer auseinander liegen.
Ein ständig wehender, starker Wind aus Norden bringt ein wenig Frische an die überhitzte Südküste, manchmal wohl im Übermaß, denn die Straße ist gesäumt von Warnschildern, die speziell LKW auf die Gefahr des Umstürzens hinweisen.

Die Besonderheit des permanenten Windes hat man sich zu Nutzen gemacht und speziell im Gebiet zwischen Heroica Ciudad und La Venta riesige Windparks installiert, tausende Windräder recken sich hier über viele Hektar Land in den Himmel.
Östlich von La Venta endet dieser permanente Wind und die Landschaft wird wieder zur Landschaft, grünes Land mit üppiger Vegetation, – hier dominieren Mangoplantagen das Bild.

Bei San PedroTapanatepec verlasse ich die Küstenregion in Richtung Tuxtla Gutierrez, Kurve um Kurve schraube ich mich die Ausläufer der Sierra Madre de Chiapas hinauf bis auf etwa 700 Meter, die Temperatur fällt auf angenehme 26 Grad.

Dort steuere ich Rosenda Salazar an, es gibt wohl einen kleinen See mit einem hübschen Strandbad, mit Palapas, überdachten Sitzgarnituren, Feuerstellen und einem Restaurant, – ein idealer Übernachtungsplatz. ( N16° 28′ 00.0“ W 094° 00′ 00.3“)
Nun ja, den See gibt es noch, das Strandbad ist leider dem Verfall preisgegeben, das Restaurant geschlossen, – schade um die einst wirklich schöne Anlage.

Als Übernachtungsplatz ist es nach wie vor top, – herrlich abgelegen und ruhig, ohne jeglichen Autoverkehr, – weitläufig, – schattig unter hohen Bäumen, – der See immer für ein Bad gut.

Tagesetappe: 207 km Gesamtstrecke: 49.494 km

06.01.2023 – von Santa Maria del Tule / Oaxaca zum Benito Juarez See

Gegen 10 Uhr starte ich meine Verabschiedungsrunde über den Platz, bis ich mit Allen ein paar Worte gewechselt habe ist gleich eine Stunde um, dann geht’s aber wirklich los.

Die Strecke ist relativ einfach, – immer der MEX 190 nach, – Richtung Santo Domingo Tehuantepec.
Auf den Karten gibt es zum Teil schon die parallel verlaufende, neue MEX 190 D, durch das Tal des Rio Tehuantepec, die im Gegensatz zur ziemlich kurvigen MEX 190, ziemlich schnurgeradeaus verläuft und schnelles Vorwärtskommen verspricht.
In der Realität gibt es diese Straße allerdings noch nicht, lediglich kleinere Teilstücke sind bereits fertiggestellt.

Also schlängele ich mich heute über den „Los Camiones de Mezcal“, die Mezcalstraße, – einem Teilstück der ursprünglichen „Panamericana“.
Mit dem Mezcal in Mexiko ist es wie mit dem Champagner in Frankreich, also Mezcal ist nichts anderes wie Tequila, nur darf sich eben nur der „Sekt“ aus der Champagne Champagner nennen und nur der Mezcal aus der Region um die Stadt Tequila darf sich Tequila nennen.
So bewege ich mich heute mehr als 200 Kilometer durch eine hochprozentige Region, – und, – in der Tat ist die Straße in weiten Teilen gesäumt von Feldern mit der blauen Maguey-Agave, dem Rohstoff des Brandes und unzähligen kleinen und großen Brennereien, die um die Gunst der durchfahrenden Kundschaft buhlen, dazu gibt es unzählige Kleinbetriebe, die Brennholz heranschaffen und an die Brennereien liefern.

Hunderte Kurven, mindestens genau so viele Topes, die in den wenigen Orten und Städtchen auf der Strecke, den Rasern erfolgreich den Garaus machen und einige unüberholbare, schwere LKW, die sich mühselig die kurvenreiche Bergstrecke hochquälen, sorgen dafür, daß ich für die heutigen 212 Kilometer wieder fast 6 Stunden unterwegs bin.
Immer wieder geht es in den Ausläufern der Sierra de Miahuatlan bergauf und bergab, über den Bergen hängen oft Wolken, die Temperaturen dadurch absolut reisetauglich, 22 bis 25 Grad, – erst als ich mich am späten Nachmittag zum letzten mal von etwa 1400 auf nur noch 150 Meter ü. NN. hinabschlängele, ist die Nähe zum Pazifik zu spüren, die Wolken verschwinden, die Sonne brennt, im Nu ist die 30-Grad-Marke geknackt und auch die Luftfeuchtigkeit ist wesentlich höher, – schwitzen ist angesagt.
Die Vegetation wird plötzlich tropisch, der spärliche Bewuchs der Berge, – oft nur stachelige Büsche, Akazien und Kakteen, wird zu üppigem Bestand, – überall wird es grün, – Kokospalmen, Mangobäume, Bananen, allerlei Blumen und blühende Büsche säumen die Häuser, – am Straßenrand erscheinen erste Marktstände mit Obst und Gemüse, – das lasse ich mir nicht entgehen.

Gegen 16.30 Uhr nähere ich mich dem Benito-Juarez-See, hier gibt es hinter dem Örtchen „Santa Maria Jalapa del Marqués“, abseits der Straße, direkt am Ufer des Sees einen Übernachtungsplatz, hier bleibe ich ( N 16° 27′ 42.1“ W 095° 26′ 17.9“ ).

Der Abend am Seeufer ist herrlich, – ein erster, richtiger Sommerabend, warm bis spät in die Nacht, – anders als in den Bergen, wo man schon abends noch gerne was Warmes überzieht, oder ein Lagerfeuer anzündet.
Hier unter den großen Bäumen ist es totenstill, – nur hier und da gibt irgend ein Wasservogel einen Laut von sich, – die Wellen plätschern friedlich ans Ufer, – und der Vollmond taucht Alles in ein mystisches Licht.
Eigentlich bilderbuchkitschig, – aber nein, – das ist wirklich so, und es ist richtig schön !

Tagesetappe: 212 km Gesamtstrecke: 49.287 km