30.06.2019 – Von Barwick nach Kenora

In der Nacht donnert und blitzt es gehörig, ein heftiger Gewitterregen ergießt sich über uns, – das lindert die drückende Schwüle ein wenig.

Der Morgen ist dann wieder trocken, der Himmel noch ein wenig bedeckt, die Temperatur bei 23 Grad.
Der Platz lädt zum Bleiben ein, – wir ziehen trotzdem weiter.
Gegen 11 Uhr fahren wir los, den Wassertank frisch gefüllt.

3 Kilometer auf dem Highway 11 zurück, dann auf den Highway 71 nach Norden, bis dieser wieder auf den Highway 17 trifft und weiter bis Kenora.
Die Landschaft ist wie all die Tage vorher, – viel Wald mit unzähligen kleinen Seen, – der gesamte Abschnitt ist touristisch gut erschlossen, – drei Naturparks mit unzähligen Lodges und Campgrounds laden zum Bleiben ein, – überall sind heute am Sonntag auf den Seen Boote unterwegs, vom kleinen Kanu bis zur stattlichen Yacht ist alles dabei.
Kenora ist ein Zentrum für Wassersport, zahlreiche Yachtclubs, Marineläden und -ausstatter reihen sich entlang der vielen Buchten und auf dem Wasser ist reichlich Betrieb.
Auch im Städtchen selber ist relativ viel los, wir suchen nach einem geeigneten Stellplatz, – wie meist, wenn viel Betrieb ist, wird das nichts, – überall sind die Parkplätze nur für wenige Stunden zu belegen, – andere sind ganz „private“ oder „members only“.
Wir erledigen an der Tourist-Information unsere Internetangelegenheiten und verschwinden aus der Stadt.

Wenige Kilometer außerhalb verlassen wir die 17 und fahren hinaus „in die Dörfer“, dort sind die Chancen am Besten.
Irgendwann kommen wir an einer großen „Fire-Hall“ vorbei, einem Feuerwehrhaus mit Helikopterlandeplatz und großem, leeren Parkplatz mitten in der Pampa, hier lassen wir uns nieder. ( N 49° 47′ 25.4″ W 094° 41′ 13.7″ )

Tagesetappe:     202 km          Gesamtstrecke:     5.613 km

29.06.2019 – Ruhetag am Rainy River

Nach ziemlich genau 5.000 Kilometern, die wir in den letzten 2 1/2 Wochen gefahren sind, ist es höchste Zeit, die Beine mal lang zu machen und ein wenig auszuspannen, – wir sind ja schließlich nicht auf der Flucht. … und welcher Ort eignet sich mehr dazu, als dieser schöne Fleck am Rainy River in Barwick.

Mal schön lange in den Federn liegen, – in den Tag hineinschludern und mal nicht fahren.
Ein paar Dinge gibt es allerdings schon zu erledigen, – fast jeden Tag kommt irgendeine neue Sache auf den Merkzettel, der dann immer mal wieder abgearbeitet werden muß, – kleinere Reparaturen für mich, – die Staufächer noch ein wenig umräumen, – das passt alles noch nicht so ganz, – Heike muß jetzt die „Winterbetten“ gegen die „Sommerausführung“ tauschen, es ist urplötzlich knallheiß geworden, – sie mag auch wieder mal ein schönes Brot backen.

Am Montag, 01. Juli, ist Kanada-Day, – Nationalfeiertag in ganz Kanada und schon seit Tagen laufen die Vorbereitungen, – die kanadischen Fahnen an den Häusern, an den Autos und in den Straßen werden von Tag zu Tag mehr, – in den Städten stehen Container, in denen in diesen Tagen Feuerwerkskörper verkauft werden und die Menschen wünschen sich gegenseitig einen schönen Kanada-Day.
Das verlängerte Wochenende, – manche nehmen gerne auch schon noch den Freitag oder den Donnerstag dazu, zieht viele Menschen aufs Land, – in die zahlreichen Ferienhäuser, die versteckt in den weiten Wäldern an einem der vielen Seen liegen, oder auf einen Campground, – auf den Straßen sind die letzten Tage merklich viele Motorhomes, Fifthwheeler und Wohnwagen unterwegs, – irgendwie sind Alle auf den Beinen, – naja eigentlich auf den Rädern.
In „unserem“ Dörfchen findet heute schon eine vorgezogene Parade statt, – nur wenige Meter neben unserem Stellplatz ziehen sie vorbei, – die Kinder in Fußgruppen, Fähnchen schwenkend, – die Erwachsenen haben ihre Spielzeuge ausgepackt, tolle Oldtimer und hübsch zurecht gemachte Autos und Quads, – die Feuerwehr bildet den Abschluß, es werden auch Süßigkeiten zu den Zuschauern geworfen, – nicht groß der Umzug, – aber man zeigt „Flagge“.

Die Kanadier sind wahnsinnig freundlich, unkompliziert und kommunikativ, – aus fast jedem Fahrzeug, das hier bei uns vorbeikommt, grüßt jemand herüber, – immer wieder kommen auch Einheimische zu uns herein, heißen uns willkommen, sprechen mit uns, fragen uns, – erzählen auch von sich, – sehr nette Menschen, – und unaufdringlich, niemand setzt sich lange fest, nach einem kurzen Gespräch ziehen sie sich mit guten Wünschen wieder zurück und laßen uns alleine. Auch hier am Platz, – wir sind eh fast alleine, – finden wir sehr schnell Kontakt und erfahren Einiges über Land und Leute und kriegen Tips für die Weiterreise.

Der Tag ist übrigens wieder ein richtiger Sommertag, – am Morgen schnell warm, mittags eher heiß, fast schwül und auch jetzt am Abend gegen 23 Uhr noch 25 Grad.

Tagesetappe:     0 km          Gesamtstrecke:     5.411 km

28.06.2019 – Von Kashabowie nach Barwick

Auf unserer Waldlichtung herrscht Totenstille, nur das Quaken der Frösche aus den Sumpflöchern im Wald ist zu hören,
– bis wir in der Nacht gegen 2 Uhr beide senkrecht im Bett sitzen, – ein ohrenbetäubendes Hupen direkt neben unseren Ohren, – so scheint uns, – etwa 200 Meter hinter uns im Wald verläuft eine Bahnlinie und ein ewig langer Güterzug rumpelt unheimlich laut hupend dort entlang.
Als wir uns von dem Schreck erholt haben und wieder eingeschlafen sind, wiederholt sich das Spektakel um 4 Uhr und um 6 Uhr, – naja, – soviel zum Thema einsamer Stellplatz im Wald.

Gegen 10 Uhr fahren wir weiter, der Tag ist wieder sonnig und warm, – so kanns gerne bleiben.
Immer dem Highway 11 nach Westen folgend, es gibt nur ein paar kleine Nester, „Atikokan“ ist ein wenig größer, liegt 3 Kilometer abseits, – wir fahren mal rein, – und auch gleich wieder raus und weiter bis „Fort Frances“, der einzigen Ansiedlung, die heute den Namen Stadt verdient, – ein paar Geschäfte, Tankstellen, Supermärkte und Fastfood-Läden.
Wir fahren weiter auf der 11 bis hinter „Emo“, dort führt unser Weg dann nordwärts über die 71, denn die 11 führt direkt in die USA, – die sind erst später dran.

Wir haben einen Stellplatztip bekommen, – nur ein kleines Stück weiter auf der 11, in Barwick soll es einen recht schönen Wohnmobilstellplatz geben, auf dem man bis zu 3 Tage frei stehen kann, – das schauen wir uns doch mal an.
Und ja, – der ist wirklich nett, – direkt am Ufer des Rainy River gelegen, – ausgestattet mit Wasserversorgung und Picknickbänken, gepflegt und sauber, – hier bleiben wir. ( N 48° 38′ 32.0″ W 093° 59′ 04.8″ )
Ein abendlicher Spaziergang bestätigt den ersten Eindruck, – blitzsauber, – das gesamte Ufergelände ist parkähnlich angelegt, der allgegenwärtige, topgepflegte Rasen, – ein paar Blumenbeete, eine hölzerne Aussichtsplattform, – in etwa 100 Meter Entfernung, in der Flußmitte verläuft die Grenze, das andere Ufer ist bereits USA, – unten am Bootsanleger steht ein alter Leuchtturm, der Rainy River liegt ganz still in seinem Bett, glatt wie auf einem See zeigt sich sein Wasser.

Tagesetappe:     300 km          Gesamtstrecke:     5.411 km

27.06.2019 – Von Thunder Bay nach Kashabowie

Schon früh heizt uns heute die Sonne ein, gegen 10 Uhr sind bereits 25 Grad erreicht.

„Thunder Bay“ wurde erst vor etwa 50 Jahren durch den Zusammenschluß der beiden Orte „Port Arthur“ und „Fort Williams“ gegründet.
Das „Fort Williams“ war Anfang des 19. Jahrhunderts ein bedeutender Handelsplatz, die „Northwestern Company“ betrieb den gesamten Handel mit den Pelztierjägern aus den Weiten Manitobas. Sie lieferten ihre Felle hier ab, die mit Lastkanus bis hinunter nach Montreal verschifft wurden, im Gegenzug konnten sie hier all die lebenswichtigen Dinge erstehen, die in der Wildnis benötigt wurden.

Das sehen wir uns heute an.
Auf einem großzügig angelegten, parkähnlichen Gelände ist ein Freilichtmuseum entstanden, in dem das historische „Fort William“, das im 19. Jahrhundert etwa 14 Kilometer entfernt gestanden hatte, originalgetreu nachgebaut, liebevoll alle Details rekonstruiert, die Gebäude mit historischer Einrichtung bestückt und Leben auf das Gelände gebracht wird, in dem Menschen in historischen Gewändern dort als Handwerker „arbeiten“, als Familien „leben“ und das seinerzeitige Leben nachspielen. Bereitwillig erklären sie uns das seinerzeitige Leben und ihr Tun, – alles ziemlich authentisch und wahrlich gut gemacht. Das Gelände liegt so weit abseits vom Schuß, daß man sich in der Tat in die alte Zeit versetzt fühlt, keinerlei Technik ist zu sehen, keinerlei störende Geräusche dringen von der Stadt herüber.

Arzt und Apotheker, Bäcker, Büttner, Schmied, Büchsenmacher, Kanubauer, Zimmermann, Schreiner und Drechsler sind die Berufe, die damals von Bedeutung waren und in ihrer ursprünglichen Umgebung nachgestellt sind, die original alten Werkzeuge runden den Einblick ab, sie sind noch voll funktionsfähig.
Wohngebäude für die „besseren Herrschaften“ und für die „einfachen Leute“, ein Justizgebäude, das Gefängnis, ein Hospital, die Kirche und ein großer Versammlungsraum bilden das „Dorf“, das von einer hohen Palisadenumzäunung eingefasst wird, die schweren Tore können geschlossen werden.
Draußen vor der Umzäunung sind die Zelte zu sehen, in denen die „Besucher“ untergebracht waren, – am Flußufer sind Verladerampen für die Schiffe gebaut, ähnlich Kaimauern in den Häfen. Eine wirklich sehenswerte Anlage, – etwa 2 Stunden brauchen wir, bis wir durch sind, – man kann sich auch locker doppelt so lange dort aufhalten, – aber Aspros ist allein zu Haus, wir wollen ihn nicht zu lange warten lassen.

Auf dem großen Parkplatz vor dem Besucherzentrum stehen wir schön schattig unter einem Baum, davor ein frisch gemähter Rasen mit Bänken und Tischen, ein sehr angenehmer Platz, hier bleiben wir lange sitzen, Aspros kann mal wieder frei laufen, aalt sich im Gras, wir bleiben fast 2 Stunden sitzen.
Dann fahren wir noch ein Stück weiter, wir wählen die südliche Route, den Highway 11, der ziemlich parallel zum Hwy 17 verläuft, aber landschaftlich schöner sein soll.

Nach etwa 50 Kilometern überfahren wir die nächste Zeitzone, aus der „Eastern Time“ wird die „Central Time“, – wir kriegen eine Stunde geschenkt und sind jetzt 7 Stunden hinter der deitschen Zeit zurück.
Heute ist es knallheiß, – nach insgesamt etwa 100 Kilometern hält sich unsere Lust zum Weiterfahren ziemlich in Grenzen, – wir schlagen uns seitlich in den Wald, – finden einen kleinen Schotterplatz auf einer Lichtung und machen es uns bequem, – der Platz taugt auch für die Nacht. ( N 48° 39′ 46.6″ W 090° 15′ 59.8″ )

Tagesetappe:     108 km          Gesamtstrecke:     5.111 km

26.06.2019 – Von Marathon nach Thunder Bay

Dieses nordische Wetter ist total irre !
Gestern abend, kurz nach Sonnenuntergang stürzt die Temperatur regelrecht in den Keller, erreicht gegen 23 Uhr schon 12 Grad, in der Nacht gar 7.
Heute morgen dann, eine dicke Nebelsuppe bei 9 Grad, – sie hält sich zäh bis gegen Mittag bei 11 Grad, – dann reißt der Nebel auf, verschwindet schnell gänzlich und die Sonne lacht von einem stahlblauen Himmel, – die Temperatur ist innerhalb nur einer Stunde bei 22 Grad und erreicht am Nachmittag fast heiße 28 Grad, – selbst jetzt, am späten Abend, es ist 23.30 Uhr ist es noch sommerliche 19 Grad warm. Dieses Auf und Ab hält doch kein Pferd aus !

Gegen 10 Uhr, – die dicke Nebelsuppe wird eh nicht dünner, fahren wir los, – weiter auf dem Highway 17, – dem Trans-Kanada-Highway, nochmal den gesamten Tag „Wa-Wa“, Wald und Wasser, immer am „Lake Superior“ entlang, bis wir seinen westlichsten Zipfel bei „Thunder Bay“ erreichen.
Der „Lake Superior“ ist nach dem Kaspischen Meer, der zweitgrößte See der Erde, fast 600 Kilometer lang und etwa 400 Kilometer breit, – wohl eher schon ein Meer, – so zeigt er sich auch unterwegs, – immer wieder sehen wir sein Ufer, – halten auch mehrmals an, – feine Sandstrände, felsige Steilküsten, unzählige Inseln und Inselchen, blitzsaubere Picknickplätze laden zum Verweilen und Baden (??) ein, – doch tatsächlich, – wir können es heute selbst sehen, wie zwei mutige Jungs sich das antun, – „Nur die Harten …..“, naja Ihr wißt schon.

Berichtenswerte Erlebnisse gab es heute keine, – zwei, drei kleine Städtchen auf unserem Weg, – ach ja, und das einzig Sehenswerte auf der Strecke, der „Quimet Canyon“, bleibt uns leider verwehrt, – kurz nachdem wir auf die Nebenstrecke abgebogen sind, ist diese komplett gesperrt, – Baustelle, – Umleitung Fehlanzeige, – hat nicht sollen sein.

Gegen Abend erreichen wir „Thunder Bay“, – bis hierher können die großen Schiffe fahren, die vom Atlantik kommend über die „Großen Seen“ fast 5.000 Kilometer zurückgelegt haben und nun fast mitten im amerikanischen Kontinent angelangt sind, – technische Meisterleistungen aus dem letzten Jahrhundert, in Form von Schleusen, die den Höhenunterschied von fast 200 Metern ausgleichen, haben es möglich gemacht, – Kanada und die USA teilen sich die „Großen Seen“ und profitieren beide davon, große Städte wie Toronto und Thunder Bay auf der kanadischen Seite, sowie Detroit, Chicago oder Minnesota auf der amerikanischen Seite haben so direkten Zugang zu den Weltmeeren.
In „Thunder Bay“ wird es heute wieder mal ein Stellplatz beim Walmart, – nicht ganz so ruhig, aber ganz in Ordnung. ( N 48° 27′ 05.4″ W 089° 15′ 09.1″ )

Tagesetappe:      343 km           Gesamtstrecke:      5.003 km

25.06.2019 – Von Sault-Sainte-Marie nach Marathon

Heftig geschüttet hat es bis in den späten Abend hinein, heute früh ist der Himmel noch immer trüb, aber wenigstens sind die Schleusen zu.

Gegen 10 Uhr fahren wir los.
685 Kilometer geradeaus, dann links abbiegen sagt mir das Navi, als ich unser Ziel eingebe, – 685 Kilometer auf dem Highway 17, dem Trans-Kanada-Highway, – ohne einmal abbiegen zu müssen, immer geradeaus !
Kanada ist gigantisch, – die Entfernungen sind gigantisch, – Kanada ist nach Rußland das zweitgrößte Land der Erde, etwa 29 mal so groß wie Deutschland, – schon die Provinz Ontario, in der wir bereits seit einigen Tagen unterwegs sind, ist drei mal so groß wie Deutschland.
Der Trans-Kanada-Highway führt über 8.030 Kilometer vom äußersten Osten zum äußersten Westen des Landes, – wir werden ihn nicht ganz zu Ende fahren, ab Calgary führt uns unser Weg dann weiter nach Norden, – nach Alaska.

Heute führt uns unser Weg von Sault-Saint-Marie am „Lake Superior“ entlang, – „Montreal River“, „Wawa“, „White River“, bis „Marathon“.
„Wa-Wa“, das kleine Nest, mitten in der Wildnis ist die Kurzform dessen, was wir auch heute wieder erleben, – Wa-ld und Wa-sser, – Wald, so weit das Auge reicht und Wasser in allen Variationen, – der riesige See, immer wieder mal auf der linken Seite zu sehen, – unzählige andere Seen, – in Kanada gibt es über 2 Millionen (!) davon, – dazu Flüsse und Bäche, – ja und nicht zu vergessen, auch immer wieder mal Wasser von oben, – es schauert bis zum frühen Nachmittag, dann klart es zusehends auf und gegen Abend traut sich gar die Sonne heraus und bleibt bis weit nach 21 Uhr am Himmel.

Die drei „Städtchen“, die wir heute auf fast 400 Kilometern unterwegs passieren, sind eher eine Ansammlung von Tankstelle, Reparatur- und Reifenwerkstatt, Fastfoodladen, Motel und Einkaufsmöglichkeit, – rechts und links der Straße, – in knapp zwei Minuten durch, – fertig !

Lediglich „Marathon“, es liegt ein paar Kilometer vom Highway weg, hat etwa 3.000 Einwohner, Supermärkte und dörfliche Strukturen mit Wohnhäusern und Kirche.
Auf der Suche nach unserem Nachtplatz fahren wir durch und werden schnell fündig. Am unteren Dorfende gibt es einen ruhigen Parkplatz mit Ruhebänken und einem herrlichen Blick über die Bucht mit ihren kleinen Inseln. Das hat was ! ( N 48° 43′ 12.1″ W 086° 23′ 01.6″ )

Tagesetappe:     397 km                    Gesamtstrecke:     4.660 km

24.06.2019 – Von Espanola nach Sault-Sainte-Marie

In der Nacht waren sie wieder da, die stechenden Plagegeister, – nach einem viertelstündigen Schlachtfest und anschließendem „verbunkern“ aller Fenster, kehrt dann doch wieder Ruhe ein.

Der Tag beginnt bewölkt mit 19 Grad, entwickelt sich allerdings später zum Regentag, erst nieselt es ein wenig, später wirds mehr und am Abend schüttet es aus Eimern, dabei geht das Thermometer schon bald auf kühle 15 Grad zurück, – nordischer Sommer.
Allerdings offensichtlich auch nicht so ganz gewöhnlich, – beim Morgenspaziergang wird Heike auf deutsch angesprochen, – im Vorbeifahren hat ein Bewohner der Stadt unser deutsches Autokennzeichen erkannt und angehalten, – ein Deutscher, der vor über 15 Jahren nach hier ausgewandert ist und gerne hier lebt und arbeitet, – er erzählt Heike, daß es hier sonst Ende Juni regelmäßig sommerlich heiß ist und dadurch kaum Stechmücken anzutreffen sind, dieses Jahr sei alles anders, – zu naß, – zu kalt und viel zu viele Stechmücken.

Heute ist Einkaufstag, – bis gegen 12 Uhr sind wir drüben bei den Supermärkten, alle Vorräte auffüllen, – die nächsten 1.000 Kilometer wird es recht einsam werden, drei Städte werden wir noch antreffen, dazwischen gibt es fast nichts, – ein paar einzelne Häuser, mal eine Tankstelle mit Fastfoodladen, – das wars dann schon.

Unsere heutige Strecke führt uns auf den Highway 17, den Trans-Kanada-Highway, der auch für die nächsten Tage unser Weg sein wird, – relativ gut ausgebaut, immer wieder auch mal zweispurig, – wenig Verkehr, wir kommen gut voran, – irgendwelche Highlights, für die wir uns länger Zeit nehmen sollten, – Fehlanzeige, – Natur, wie jeden Tag, ewige Wälder, unzählige Seen und Flüße, – das reicht ja auch, – deswegen sind wir hier.

Am späten Nachmittag kommen wir nach „Sault-Sainte-Marie“, der letzten großen Stadt hier im Osten, am Übergang zwischen Lake Huron und Lake Superior, der bei uns als der „Obere See“ bekannt ist. „Sault-Sainte-Marie“ gibt es wieder 2 mal, – einmal hier in Kanada und als Schwesterstadt über die Brücke drüben auf der US-amerikanischen Seite. Hier überbrücken mächtige Schleusenanlagen das letzte Höhenhindernis für Schiffe, die vom Atlantik über den St.-Lorenz-Strom und die anderen großen Seen in den „Oberen See“ einfahren und bis hinüber an das fast 600 Kilometer entfernte, westliche Ufer des Sees fahren, um die großen Ernten aus Manitoba, der Kornkammer Kanadas abzuholen.

Wir machen heute früher Schluß, Fahren macht keinen Spaß bei dem Wetter, – naja und hinter der Stadt kommt auch nicht mehr viel, – also hier nochmal ins Gewerbegebiet, bei den Einkaufsmärkten einen Platz finden, – nochmal Internet anzapfen und bleiben. ( N 46° 32′ 36.5″ W 084° 19′ 00.8″ )
Später kommt ein Streifenwagen vorbei, – da meldet sich doch gleich das schlechte Gewissen, ob wir hier vielleicht nicht stehen dürfen ?, – die Streife fährt einmal rund um den HerrMAN, – hält an, – der Fahrer läßt sein Fenster runter, – zückt sein Smartphone für ein Foto, – sieht mich am Fenster, – zeigt den erhobenen Daumen, – ich grüß zurück, – und fährt wieder. Na also, – geht doch !

Tagesetappe:     242 km                    Gesamtstrecke:     4.263 km

23.06.2019 – Von Tobermory nach Espanola

So ruhig sind die Nächte sonst nur in der Wüste, – kein Ton ist zu hören, – noch nicht mal rauschende Blätter im Wind, – kein Verkehrslärm aus der Ferne, – am frühen Abend zieht noch ein kleines Wasserflugzeug über den Himmel und zwei Autos fahren draussen am Weg vorbei. – Das wars dann.

Um 10.20 Uhr sollen wir am Fähranleger sein, also fahren wir schon vor 10 Uhr los.
Auch heute lacht die Sonne von einem blauen Himmel, die Nacht war 7 Grad kalt, die frühe Sonne heizt jedoch schnell ein und gegen 8 Uhr sind schon wieder 17 Grad erreicht, – nordisches Wetter halt.
An der Fähre geht alles unproblematisch und ruhig vonstatten, – wir zeigen unsere Reservierung, – der HerrMAN wird gemessen, – wir zahlen unser Ticket und haben dann noch fast eine Stunde zu warten. Es herrscht reger Betrieb am Anleger, offensichtlich wird die Verbindung doch gerne genutzt, – die Fähre setzt 4 x am Tag in jede Richtung über, die Strecke dürfte etwa 50 Kilometer lang sein.
Gegen 11 Uhr legt die „Chi-Cheemaun“ hupend an, – erstaunlich groß, – indianisch bunt bemalt, – innerhalb von 20 Minuten ist sie ent- und wieder beladen, – ruhig, friedlich und geordnet, – da sind wir alten Kretafahrer ganz andere Szenarien gewohnt.

Vorbei an den unzähligen vorgelagerten Inseln, die von „Tobermory“ aus mit Ausflugsbooten zum Wandern und für Besichtigungen angefahren werden, zieht sie nach Norden und legt 105 Minuten später in „South Baymouth“ auf „Manitoulin Island“ wieder an. „Manitoulin Island“ ist mit 130 Kilometern Länge die weltweit größte Insel in einem Süßwassersee. Trotz des strahlenden Sonnenscheins ist die Überfahrt auf dem Oberdeck ziemlich frisch, das Wasser des Sees ist kalt und in Kombination mit dem Fahrtwind kann man eine Jacke sehr gut vertragen.

Auf „Manitoulin Island“ liegt das Wikwemikong-Indianerreservat mit 3.000 Einwohnern, – viele Namen und Bezeichnungen auf der Insel sind indianischen Ursprungs und klingen für unsere Ohren ziemlich fremdartig.
Die Insel wirkt mehr kanadisch, als das, was wir bisher gesehen haben, – ziemlich naturbelassen alles, – niedrige Wälder, – teilweise Tundraflächen, – Felsen dazwischen und unglaublich viele Seen, – Bilderbuchlandschaft.
Und heute am Sonntag sind überall an und auf den Seen die Kandier unterwegs, die großen Wohntrailer stehen an vielen Plätzen, ihre Pickups mit den leeren Bootstrailern überall in den Wäldern, – Campen, – Angeln, – Bootfahren, – alles was sich draussen in der Natur abspielt ist Lieblingsbeschäftigung der Einheimischen.
Auf der Insel fahren wir etwa 80 Kilometer nach Norden, dort führt eine Brücke hinüber aufs Festland und noch einige Kilometer weiter bis zu dem kleinen Städtchen Espanola, drehen dort eine kleine Stadtrunde auf der Suche nach unserem Nachtplatz. Gleich nach den Einkaufsmärkten am Ortseingang geht es links zu den Sportanlagen mit mehreren Plätzen, kleinen Tribünen, einer Aschenbahn und reichlich Parkplätzen drumherum. Hier bleiben wir. ( N 46° 15′ 03.4″ W 081° 46′ 29.2″ )

Tagesetappe:     128 km (und ca. 50 km Fährstrecke)                    Gesamtstrecke:     4.021 km

22.06.2019 – Von Fergus nach Tobermory

Herrlich ruhig war die Nacht am Ententeich, am Morgen lacht die Sonne wieder vom blauen Himmel, so kann es bleiben.

Heute fahren wir auf der 6 und der 14 ziemlich stur gen Norden, auf die Landzunge „Bruce Peninsula“, die weit in den riesigen „Lake Huron“ hinaus reicht und an deren Nordspitze es nicht mehr weiter geht. Wir werden morgen die Fähre nehmen, um nach „Manitoulin Island“ weiter zu kommen.

Heute fahren wir zunächst durch die schon bekannten landwirtschaftlichen Gebiete, – die Großstadt und der viele Verkehr liegen hinter uns, – die 6 läßt sich gemütlich fahren, zudem ist es wesentlich angenehmer, immer wieder durch ein Dorf oder Städtchen hindurch zu fahren, – etwas zu sehen, – auch mal anhalten zu können. Auf den großen Highways ist man immer so von der wirklichen Welt abgeschnitten, – wir mögen die Landstraßen lieber, – zumal diese hier recht leer sind und meist schnurgeradeaus führen.
Wiesen mit Rindern, auf manchen wird Heu geerntet, – weite Felder, die erstaunlicherweise oft noch nicht bestellt sind, – Bauernhöfe, – manche tatsächlich noch wie althergebracht, mit Wohnhaus, Scheune und Stallungen, der Traktor und alte Landmaschinen davor im Freien, – die meisten jedoch relativ neu, modern, eher wie Fabriken aussehend, mit einem oder gleich mehrerem riesigen Silotürmen dabei, – dazwischen nur gelegentlich ein paar kleinere Wäldchen.
Wir rätseln, warum viele Felder noch die Stoppeln des letzten Jahres tragen und erhalten die Antwort am späten Nachmittag, als ich auf einem Parkplatz mit einem Kanadier ins Gespräch komme, der mir erklärt, daß die Aussaat normalerweise Ende April und Anfang Mai stattfindet, es in diesem Frühjahr jedoch so oft und viel geregnet hat, daß bis vor vier Wochen noch in vielen Gebieten Hochwasser stand und viele Felder bis jetzt noch naß und aufgeweicht sind und erst in den nächsten Tagen bestellt werden können, wenn es denn nicht wieder regnen sollte.

Später führt uns unser Navi von der 6 runter, auf die 14, ich verstehe eigentlich nicht so ganz wieso, laß es aber geschehen, – und es ist schön so, – wir durchfahren eine Gegend mit sehr abwechslungsreicher Landschaft, es wird hügelig und zunehmend bewaldet, – links und rechts der Straße sehen wir die schönen, kleinen Häuser mit den parkähnlichen Gärten, der Flieder blüht überall und die Kastanien, – immer wieder durchfahren wir kleine, schnuckelige Dörfer, bis wir letztendlich gegen Abend an der Nordspitze der Landzunge, im Städtchen Tobermory ankommen.
Wir fahren zum Hafen und erkundigen uns wegen dem Fährticket für morgen, – um 11.20 Uhr fahren wir mit, 145 Dollar solls kosten und 105 Minuten wird die Fahrt dauern. Lohnen tut sich das allemal, zum einen ist die Strecke landschaftlich interessanter, als die Strecke östlich um den See herum, zum anderen kürzen wir gut und gerne 150 Kilometer ab.
In Tobermory geht es ziemlich touristisch zu, hier fahren Boote zu den vorgelagerten Inseln, die Landzunge ist gespickt mit Ferienhäusern, so ist hier leider der Parkraum wieder mal nicht zu gebrauchen, – teuer oder über Nacht stehen verboten, auch am Fähranleger geht das nicht.
So fahren wir wieder ein kleines Stück aus dem Ort hinaus, – dem Schild Richtung Flugfeld nach, – der Parkplatz wäre schon recht brauchbar, wir fahren trotzdem noch ein kleines Stück in den dahinterliegenden Wald hineien, und da ist unser Nachtplatz, ein geschotterter Platz neben dem Waldweg, – einsam und friedlich, – wie für uns geschaffen, – hier bleiben wir. ( N 45° 12′ 06.0″ W 081° 40′ 11.3″ )

Tagesetappe:     249 km                    Gesamtstrecke:     3.893 km

21.06.2019 – Von den Niagara-Falls nach Fergus

Nach einem kräftigen Regenguß in der Nacht, scheint heute früh wieder die Sonne und es ist warm.

So hatten wir uns das vorgestellt, für unseren Ausflug zu den Wasserfällen.
Gegen 10 Uhr fahren wir die paar Kilometer hinüber, Parkplätze gibts genug, der Preis geht auch in Ordnung.
Zu Fuß ziehen wir los, – den oberen Promenadeweg am Casino entlang, – wunderschön parkähnlich angelegt, – sehr stilvoll das Casino und die Hotels, – mittendrin der 160 Meter hohe Skylon-Tower, von dessen Aussichtsplattform der Blick grandios ist.
So früh am Morgen ist noch relativ wenig los, bei 13 Millionen Besuchern im Jahr sind es gerade die Ferienmonate, die wahnsinnig überlaufen sind.
Zuerst sehen wir den „amerikanischen Niagarafall“, mit „nur“ 260 Metern Breite und maximalen 34 Metern Höhe stürzt sich hier der kleinere Arm des Niagara Rivers von der amerikanischen Seite hinunter in den Eriesee, imposant und beeindruckend. Drüben sind Stege und Aussichtsplattformen mit vielen Besuchern zu erkennen.
Allerdings wird von hier oben der Blick immer wieder durch Bäume unterbrochen, so daß uns ein vernünftiger Gesamteindruck verwehrt bleibt.

Also laufen wir in weitem Bogen hinunter an die untere Promenade, sie gibt den ungestörten Blick auf beide Wasserfälle frei.
Wir gehen nach rechts hinüber zum „kanadischen Niagarafall“, – in einem hufeisenförmigen Bogen mit 670 Metern Länge stürzen die Wassermassen mit ohrenbetäubendem Lärm 57 Meter in die Tiefe, über seiner Mitte hängt eine hoch aufsteigende Gischtwolke, in der sich, bei passendem Blickwinkel, das Sonnenlicht zu einem Regenbogen bricht.
Unten auf dem Eriesee fahren Ausflugsboote mitten hinein in das Inferno, die Passagiere sind durch Regencapes vor dem „Dauerregen“ geschützt, – am rechten Ende des Hufeisens führt ein Laufsteg auf einen Felspfad hinter den Schleier der Wasserfälle, auch dort sind schemenhaft in Regencaps verpackte Gestalten zu sehen.
Die Mächtigkeit der Naturgewalten hinterlässt schon einen tiefen Eindruck, – hier läßt es sich einen Augenblick länger aushalten.

Heike fährt mit dem Lift auf den „Skylon-Tower“, den Ausblick läßt sie sich nicht entgehen, – ich gehe die Uferpromenade zurück und weit nach links um an den Parkplatz zurück zu kommen, dabei gerate ich irgendwie in das touristische Vergnügungszentrum der Stadt, – hier ist vielleicht was los ! – Ballermann pur, – Fastfoodlokale, Souvenirshops, Musikkneipen, Spielsalons, Geisterbahnen, Go-Kart-Bahn, Dino-Adventuregolf mit feuerspeiendem Vulkan, – eine wilde Mischung zwischen Jahrmarkt und Las Vegas. Nichts wie weg hier.

Am frühen Nachmittag verziehen wir uns, – zunächst die ersten 50 Kilometer über die Strecke, die wir gestern gekommen sind, -naja ging geradeso glimpflich ab mit dem Verkehr, – ein, zwei mal kurz gestaut, – dann biegen wir ab, um Toronto zu umgehen, hinaus aufs Land, von Hamilton auf die 6 nach Guelph und dann noch bis Fergus.
Dort wird es endlich wieder ländlich und ruhiger. Am Ortseingang von Fergus erblicken wir auf der linken Seite eine schön ruhig gelegene, ziemlich neu erbaute Wohnanlage mit breiter Zufahrtstraße, einem großen Ententeich mit Rundspazierweg und einem großen, asphaltierten Wendeplatz davor. Das wird unser Stellplatz für die Nacht ( N 43° 41′ 38.2″ W 080° 22′ 11.1″ )

Ach ja, dann war da am Nachmittag noch das seltsam komische Erlebnis mit einem Sheriff der hiesigen Polizei:
Auf dem Highway, kurz vor Hamilton höre ich plötzlich eine Polizeisirene, – im Rückspiegel erkenne ich einen Streifenwagen mit flackernden Blau- und Rotlichtern hinter mir fahren, – zunächst denke ich, der möchte vorbei, – will der aber nicht, – der meint mich, – ok, Blinker rechts, Standspur, anhalten, warten.
Zuerst telefoniert der noch seelenruhig, dann kommt er ran, fragt nach den Papieren, – welches unser Heimatland sei und ob wir eine Autoversicherung hätten. „Ja, die haben wir“, die Unterlagen sind hinten in der Wohnkabine, – wir gehen zusammen hinein, ich händige ihm alles aus, dabei unterbreitet er mir, daß es nicht erlaubt wäre, mit europäischen Autokennzeichen auf Kanadas Highways unterwegs zu sein. Häääh ? Hab ich was verpasst ? So ein Quatsch, das gibts doch gar nicht ! Innerlich schwanke ich etwas zwischen „Ich lach mich tot“ und „Was nun“ und erkläre ihm, daß meines Wissens für eine temporäre Einfuhr das wohl für mindestens 90 Tage durchaus die Regel sei, evtl. sogar noch länger, – ich gebe ihm auch noch die Zollpapiere und erkläre ihm, daß uns unsere Reiseagentur sicher darüber aufgeklärt hätte, wenn das tatsächlich so sein sollte.
Dann bittet er mich zu warten und verzieht sich in seinen Streifenwagen. Gute 5 Minuten später trifft Verstärkung ein, – ein zweiter Streifenwagen, – der Kollege grüßt freundlich zu mir herüber, – dann reden sie lange miteinander und kommen irgendwann mit den Papieren zu mir.
„Ja, eigentlich wäre es ja in der Tat so, daß Europäer ihr Fahrzeug in Kanada registrieren und ein kanadisches Kennzeichen anbringen müssten, – nur US-Amerikaner könnten mit ihrem US-Kennzeichen in Kanada fahren, – Europäer hingegen eigentlich nicht, – eigentlich, – aber …. und weil…. und blablabla ….. es wäre alles in Ordnung und wir könnten jetzt weiterfahren“. Sie wünschen uns eine gute Weiterreise, – natürlich nicht, ohne daß Kollege Nr. 2 vorher noch einen verstohlenen Blick in die Wohnkabine wirft…..
Naja, was war das jetzt ? – Da hat wohl einer damals auf der Polizeischule gerade einen Tag gefehlt, als dieses Thema dran war !?

Tagesetappe:     153 km                    Gesamtstrecke:     3.644 km